nd-aktuell.de / 16.11.1995 / Politik / Seite 1

DDR-Westgrenze unter sowjetischer Kontrolle

Ex-Botschafter Abrassimow schrieb Krenz

Moskau (ND-Herrmann). Die Grenze zwischen der DDR und der BRD sowie Westberlin war keine „innerdeutsche“, sondern eine „Staatsgrenze in völliger Übereinstimmung mit dem Völkerrecht“ Darauf verweist Pjotr Abrassimow, langjähriger Botschafter der UdSSR in der DDR, in einem von der „Prawda“ am Mittwoch veröffentlichen Brief an Egon Krenz. Davon habe sich auch die BRD bei den Ostverträgen oder Spitzenbesuchen leiten lassen.

?Der insgesamt 17 Jahre in der DDR tätige Diplomat stützt in weiteren Punkten die Position von Krenz im Berliner Prozeß gegen sechs einstige Mitglieder des SED-Politbüros. Mit der Spaltung Deutschlands und der Teilung Europas in zwei Blöcke und Systeme entstand eine „allgemein anerkannte Staatsgrenze“, betont er. Die Anerkennung der Souveränität der DDR bedeutete auch Anerkennung ihres Rechts auf Sicherung ihrer Grenzen. Vertreter der BRD hätten dies bei offiziellen Gesprächen mit der DDR nie bestritten.

Zugleich habe es sich um die Außengrenze des Warschauer Vertrages gehandelt. Sogar „Details der Sicherung“ seien mit hochrangigen Vertretern des Paktes vereinbart worden. Die Grenztruppen der DDR waren „integraler Bestandteil“ der Vereinten Streitkräfte des Warschauer Vertrages mit einem sowjetischen Oberkommandierenden. Die Führung der DDR konnte hier „eigenständig nichts unternehmen“

Ausdrücklich auch auf das Grenzregime zu Westberlin bezieht der Botschafter die Notwendigkeit besonderer Sicherung „unter unserer Kontrolle“. In direkter Grenznähe waren sowjetische Atomwaffen und andere äußerst moderne Waffen disloziert. Die Westmächte und Bonn zeigten dafür „volles Verständnis“ Jegliche Änderungen des Regimes an den Außengrenzen des Paktes wären nur in dessen höchsten Organen zu vereinbaren gewesen. Einseitige Beschlüsse der DDR waren ausgeschlossen und wären „vor allem von uns“ nicht zugelassen worden.