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Böses Erwachen für Saudi-Arabien

König Fahd beschwört Stabilität

  • Lesedauer: 3 Min.

Von JULIUS JUST, Amman

Nach den „Tigern des Golfs“ und der „Islamischen Bewegung für den Wandel“ haben sich auch die „Kämpfenden Partisanen der Organisation Gottes“ zu dem Bombenanschlag auf das Gelände der USA-Militärmission in Riad bekannt, bei dem am Montag sechs Menschen umkamen.

Der 74jährige König Fand, gemeinhin als großer Zauderer bezeichnet, reagierte schnell. Noch in der Nacht zum Dienstag ließ er über die Saudi Press Agency seine Botschaft an das Ausland verbreiten: Das Reich werde nicht in eine Krise schlittern. Die Regierung verfolge einen Kurs wirtschaftli-, eher und politischer Stabilität.

Gerade daran aber haben hellhörig gewordene Geschäftspartner große Zweifel nicht erst seit dem Attentat. Saudi-Arabien ist nicht mehr die ruhige, prosperierende Insel im krisenhaften Nahen Osten. Die Talfahrt begann mit dem Fall des Ölpreises von einst über 30 auf derzeit 17 Dollar pro Barrel (159 Liter). Hatten die Saudis vor fünfzehn Jahren noch 100 Milliarden Dollar für ihr Erdöl kassiert, so werden für 1995 nur noch 35 Mrd. veranschlagt.

Lange tat die Saud-Dynastie, als sei nichts passiert. Doch nach dem Golfkrieg kam das böse Erwachen. Die Gastfreundschaft für die 700 000 Soldaten des „Wüstensturms“ kostete rund 55 Mrd. Dollar zuviel für die nicht mehr üppig gefüllten Kassen. Nun hangelt sich das Kabinett mit Sparplänen von einem Jahr ins andere. Für die verwöhnten Wohlstandsbürger heißt das, den Gürtel zu straffen, freilich auf sehr hohem Niveau.

Dennoch brodelt es im Wüstenreich. Immer mehr gerät die Verschwendungssucht der Herrscherfamilie in die Kritik. Noch aber ist die Opposition schwach und wegen des Parteienverbots kaum organisiert. Das könnte sich aber ändern, prophezeien Kenner Liberale Technokraten, ausgebildet in Amerika und Europa, wollen sich nicht länger mit der Alleinherrschaft der Sauds abfinden. Auch das überaus streng ausgelegte Religionsgesetz der Scharia ist vielen ein Dorn im Auge. Vor zwei Jahren gründete der Physiker Mohammad al-Masari ein Komitee zur Verteidigung der legitimen Rechte, um Reformen einzuklagen. Inzwischen mußte al-Masari aber nach London emigrieren.

Vom anderen Rand des gesellschaftlichen Spektrums murren die Ulama, die islamischen Gelehrten. Sie nehmen die Korruption im Hause Saud aufs Korn. In der Stadt Buraida bildete sich vor drei Jahren ein Ring kritischer Prediger. Fast zweihundert Ulama wurden daraufhin festgenommen.

Radikale Islamisten wettern vor allem gegen die Militärpräsenz des „ungläubigen“ Westens in der Heimat des Propheten Mohammed.. Rund 30 000 USA-Bürger arbeiten in Saudi-Arabien, viele als Militärberater und Waffeninstrukteure. Nicht nur die bislang unbekannten Tiger des Golfs, die als erste den Anschlag von Riad für sich reklamierten, sondern auch die Kämpfenden Partisanen der Organisation Gottes drohen mit weiteren Bluttaten: „Wenn die Amerikaner das Königreich nicht schnellstmöglich verlassen, werden wir unsere Aktionen fortsetzen“

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