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  • Vor dem Anstoß: Kostadinow rauchte, Stoitschkow schwieg, alle sicher: Wir sind bei EM dabei

Lässige Bulgaren

  • Lesedauer: 3 Min.

Emil Kostadinow rauchte sogar eine Zigarette. So kurz vor dem Spiel? „Zwei bis drei werden es noch“, sagte der Stürmer in den Diensten des FC Bayern. Und nach dem Spiel? Kostadinow lächelt vieldeutig.

Esist 12.30 Uhr Im Berliner Hotel Steigenberger machen es sich die bulgarischen Spieler mit Offiziellen des Verbandes bei leichten Drinks gemütlich. Um 13 Uhr ist Mittagessen angesagt. Zeit, um sich in der Bar noch zu räkeln. An jedem Tisch mindestens ein grüner Trainingsanzug. Auf dem Rücken das weiße „Bulgaria“.

Die Spieler sind aufgeschlossen und freundlich. Bis auf den Star Christo Stoitschkow streckt seinen Arm aus und pfeift dabei. „Journalist?“, grummelt er abweisend. „No, no.“ Sein Nachbar hebt die Schultern. Wenn er nicht will, dann will er nicht. Nur einmal war er zu einem kurzen Interview seit Montagmittag bereit.

Stoitschkows Prognose: Remis.

„Er ist brummig“, sage ich zu Kostadinow. „Warum gehen Sie denn auch zu ihm?“, hält der Bayern-Stürmer dagegen, der ja im Hinspiel die entscheidenden Tore beim 3:2-Sieg der Bulgaren gegen die DFB-Elf geschossen hatte. „Sind Sie für das Spiel optimistisch?“ Kostadinow „Alles ist möglich.“

Trifon Iwanow, der grimmige Abwehrspieler mit der Mähne, sagt: „Wir kennen die Deutschen, und die Deutschen kennen uns. Also kommt ein Unentschieden heraus. Das reicht uns für den ersten Platz in der Gruppe.“ Jordan Letschkow vom Hamburger SV grinst ob dieser Prophezeiung. Seine Meinung? Keine.

„Da er ganz ordentlich die deutsche Sprache kann, ist er hier in den letzten Stunden

zum Objekt der Begierde geworden. Verstehen Sie, wenn er jetzt nicht mehr will“, entschuldigt sich für ihn ein Funktionär vom Verband, der seinen Namen nicht nennen will und anfügt: „In ein paar Tagen wird bei uns gewählt. Ich will keine Reklame.“ Von ihm sind trotzdem die Vorspiel-Wichtigkeiten zu erfahren:

Stoitschkow ist der einzige, der Kartoffeln zum Mittag ablehnt. Für ihn kommen Pommes. Serviert wird gegrilltes Fleisch, allerlei Gemüse, Fruchtsäfte. Nach dem Mahl ist Bettruhe angesagt. Nur die wenigsten werden die Augen zudrücken. Man ruht sich halt aus. Um 18 Uhr ist die Abfahrt vom Hotel ins Olympiastadion vorgesehen.

Kommt es zur Revanche? Nasko Sirakow von Slawia Sofia mag das Wort nicht. „Nachdem wir gegen Deutschland bei

der WM 2:1 gewonnen hatten, wollten die Germans bei uns im Hinspiel Revanche nehmen. Gewonnen haben wir. Also steht es 2:0. Wenn sie heute gewinnen, führen wir immer noch 2:1. Wir wollen gut spielen und die Germans auch. Das ist doch viel wichtiger, als von Revanche zu reden.“

Am Abend zuvor sprach Bulgariens Nachwuchstrainer Vinko Dermentjew nach dem 0:7 gegen die deutsche U 21 in Frankfurt/Oder von „Signalen“ „Wenn wir keine besseren Nachwuchskonzepte entwickeln, sind wir in ein paar Jahren von der Weltspitze weg.“ Der Mann vom bulgarischen Verband sieht Dermentjews Sorgen nicht so kraß. „Künftig wird von jedem Transfer eines bulgarischen Spielers 25 Prozent der Summe in die Nachwuchsarbeit gesteckt. Ich sehe die Entwicklung nicht so pessimistisch, zumal wir in Frankfurt nicht unsere Besten hatten.“

ECKHARD GALLEY

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