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Oskar! Aber was heißt das?

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Rudolf heißt jetzt Oskar. So könnte der Führungs-

wechsel in der SPD von Linken eingeschätzt werden, die Differenzierungen im sozialdemokratischen Lager für überflüssig halten. Rudolf heißt jetzt Otto (Grotewbhl) - das ungefähr wollen die vereinten Generalsekretäre von CDU, CSU und FDP weismachen. Was aber wird die Wahl Lafontaines für die künftige SPD-Politik, für Alternativen zu Kohl und für die Verhältnisse zwischen den gesellschaftspolitischen Reformkräften in der BRD tatsächlich bedeuten?

Die SPD-Mitglieder und -Funktionäre haben in den vergangenen Monaten unter der Politik und Nichtpolitik ihrer Führung entsetzlich gelitten. Das war immer wieder zu hören. Nicht oder kaum zu hören war, daß das SPD-Erscheinungsbild nicht primär in den Hahnenkämpfen zwischen Scharping, Schröder und Lafontaine bestand, sondern in einer „Christ-Demokratisierung“ der SPD-Politik. Mag sein, daß das sozialdemokratische Image, die Wahlergebnisse und die Nerven „gelitten“ haben, betroffen waren aber vor allem Millionen sozial ohnehin nicht privilegierte Menschen: Kranke, Arbeitslose, Flüchtlinge, Frauen...

Die reale Politik interessiert mich mehr als ihre Darstellung, zumal die SPD nicht nur Fehler gemacht hat, sondern auch einen genialen, inzwischen aber schon etwas überstrapazierten Einfall hatte. Obwohl sie in der damaligen Volkskammer bzw im Bundesrat dem verhängnisvollen Prinzip Rückgabe vor Entschädigung, der Altschuldenregelung, dem Rentenstrafrecht etc. zugestimmt hatte (während die PDS mit guten Gründen Nein sagte), gibt sie sich heute nicht unwirksam als Vorkämpferin von Veränderungen aus und plagiiert damalige PDS-Argumente. Vieles an Alternativen, an sozialerer und gerechterer Politik in Ostdeutschland, in der gesamten Bundesrepublik und in Europa, Herr Stolpe, wäre nicht unrealistisch, wie Sie es an den PDS-Forderungen bemängeln, wenn es die SPD nicht seit 1990 unrealisierbar gemacht hätte. Sie müßten sich doch zumindest daran erinnern, daß Sie persönlich es waren, der das Nein der SPD zur Erhöhung der Mehrwertsteuer 1992 im Bundesrat durchund zerbrochen hat. Und wie verhielt es sich mit dem „Spar-, Konsolidierungsund Wachstumsprogramm“, der Beseitigung des Asylrechts oder der Pflegeversicherung, dem frauenfeindlichen Rückschritt beim Abtreibungsrecht oder der Grundgesetzänderung zugunsten der eigenen Diäten?

Wenn sich unsereiner mit der SPD beschäftigt, läuft erGefahr, über Gebühr verbittert zu klingen. Unter Verwandten reagiert man auf Differenzen und Enttäuschungen immer empfindlicher als unter Fremden. Selbst der kommunistische Vorwurf „Wer hat uns verraten? - Die Sozialdemokraten!“ lebt noch von der Voraussetzung: Von jedem hätten wir das erwartet, von

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