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NATO als ungeeigneter Friedenswächter

Ausgerechnet zu einem Moment, da die UNO gefragt wäre, dankt sie in Bosnien ab

  • Lesedauer: 3 Min.

Von GREGOR SCHIRMER

Ein NATO-Vorauskommando ist schon in Sarajevo, um die Überwachung eines Friedensabkommens vorzubereiten, das noch gar nicht abgeschlossen ist. Nehmen wir an, es käme tatsächlich zustande. Wieso sind schwerbewaffneten Streitkräfte der NATO mit russischer Garnierung nötig? Warum schlägt nicht die Stunde der UNO? ~

Als keinerlei Voraussetzung für einen Blauhelmeinsatz gegeben war, schickte der Sicherheitsrat UNO-Soldaten mit einem unklaren Mandat in eine unsichere Situation. Das Fiasko war vorauszusehen. Die Blauhelme wurden in einen ^Bürgerkrieg verwickelt, dessen vorherige Beendigung die unerläßliche Bedingung für einen

Erfolg gewesen wäre. Ein Ende des Gemetzels hätte durch konsequente Anwendung nichtmilitärischer Mittel erzwungen werden können. Zumindest hätte man es versuchen müssen. Aber dazu war der Sicherheitsrat nicht imstande, weil das die USA und deren Verbündete nicht wollten. Die UNO mußte als Prügelknabe für einen Mißerfolg herhalten, für den andere verantwortlich sind.

Nun aber scheint die „klassische“ Situation für einen Blauhelmeinsatz der UNO bevorzustehen: Ein Friedensvertrag; definierte Grenzen zwischen muslimischen, serbischen und kroatischen Territorien in Bosnien, an denen iBlaulielme ? stätidlfieit: wetdön können; „die: ?Beoreitscb < aft,..der Kämpfenden, endlich friedli-

ehe Mittel der Streitbeilegung zu akzeptieren.

Und just zu dieser Stunde verstummt der Sicherheitsrat und überläßt den USA und der NATO das Feld. Die Annahme liegt nahe, daß das lästige Vetorecht Rußlands und Chinas ausgeschaltet, die NATO als Weltpolizist etabliert und die von den USA dirigierte Neue Weltordnung vorgeführt werden sollen. Bonn ist's recht so. In der NATO hat es großes Gewicht, im Sicherheitsrat nicht.

Aber ist es - vor allem für die Betroffenen - nicht egal, ob UNO oder NATO den Frieden überwachen; wenn er nur wirksam gesichert wird? Ich bezweifle, daß ein Frieden, der rjäm&iVmm BesatzungsmaTchf ^aufiechterlialten werden soll, von Dauer sein wird. Entweder

es gibt einen gerechten, von allen Seiten akzpetierten Frieden. Dann reichen UNO-Blauhelme. Oder dieser Frieden mißrät zum Keim neuer Konflikte. Dann wird auch die NA-TO nichts am Aufflammen, schon erlebter ethnischer Grausamkeiten ändern, es sei denn, sie bombt das Land in die Steinzeit zurück.

Und ich fürchte den Präzedenzfall. Heute „befriedet“ die NATO Bosnien. Und morgen? Wer ist das nächste Objekt einer Friedenssicherung durch NATO-Waffen? Sind wir unterwegs zu einer makabren new world, in der Ruhe und Ordnung durch das globale Diktat von USA und NATO durchgesetzt'wilrden? Die UNO kann man. dann; auflösen oder gleich der-NATÖ' ; unterstellen.

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