nd-aktuell.de / 18.11.1995 / Politik / Seite 9

Welcher Wahrheit?

Der Wahrheit, wer man selber ist.

Regisseure, so sagt Artaud, sind Priester, die sich auf dem Scheiterhaufen verbrennen.

Ach, man schafft so wenig Eigenes, kennt aber Tricks, Eigenes vorzutäuschen. Man müßte eigentlich ständig Minderwertigkeitsgefühle kriegen, denn man verkleidet sich permanent als Besserwisser. Maii darf nur nicht so blöde sein, das nicht zu merken. Wenn man seine Begrenzungen nicht sieht, verliert man sich.

Jetzt ist doch wieder ein gehöriges Quantum Selbstironie dabei. Lieben Sie Ihre Schauspieler?

Zuneigung, ja. Aber die Distanz muß genauso stark sein. Sie gehört zu den furchtbaren Voraussetzungen des Berufs. Vielleicht jedes Berufs. Claudel sagt, man muß diesen feindlichen Blick haben; erst kommt Präzision, dann Gefühl. Strenge darf unmerklich und langsam daherkommen, doch ich glaube, sie muß dennoch eher da sein als Liebe.