nd-aktuell.de / 31.08.2004 / Brandenburg
Herrlich absurde und witzige Monologe
In Szenen Feydeaus verlieren am Kleinen Theater zwei Herren immer wieder den Kopf
Robert Meyer
Und die Moral von der Geschichte? Pass bloß auf, wo du hingehst! Aber schnell vergebene Liebesmüh, wenn Meister Zufall die Geschicke bestimmt. So bei den Figuren des französischen Komödienschreibers Georges Feydeau (1862-1921), die es in verhängnisvolle und komisch-absurde Situationen verschlägt.
Regisseurin Astrid Windorf zeigt im Kleinen Theater mit »Zwei Herren, die den Kopf verlieren« drei Szenen des französischen Autors, der nach Molière zu den bedeutendsten Komödienschreibern zählt. Die kurzen Stücke werden zum ersten Mal in deutscher Sprache aufgeführt.
Zugrunde liegt den grotesken Begebenheiten immer eine unglückliche Verkettung von Ereignissen, die - einmal die Schwelle vom Zufall zur Bestimmung überschritten - stets einem absurden Höhepunkt zustrebt. In der ersten Szene monologisiert ein zum Tode Verurteilter über die merkwürdigen Geschehnisse, die ihn völlig unschuldig in die Todeszelle brachten. Ein anderer Herr stört sich an den Selbstgesprächen und führt einen leidenschaftlichen Monolog gegen das Monologisieren.
In der zweiten Szene müssen zufällig zwei Juweliere als Geschworene tätig werden, und welche Maßstäbe wählen Schmuckhändler zur Beurteilung eines verrückten Frauenmörders? »Gestohlen hat er ja nichts. Wenn ich da nur an den Typen denke, der neulich einen Juwelier überfallen hat und so billig davonkam. Außerdem ist er verrückt, und dafür kann er nichts.«
Diese Gespräche offenbaren eine Art schrägen Utilitarismus, aber die selbstgefälligen Beurteilungen der zwei Herren wirken irgendwie ganz alltäglich - und manchmal so übertrieben, dass das Absurde ins Gewöhnliche kippt und normal erscheint. Der ganz normale Wahnsinn in einem verdrehten Universum.
In der dritten Szene verschlägt es zwei Herren zu gleicher Zeit in ein Bordellzimmer - ohne zu wissen, wo sie sind. Jeder erwartet dort eine ins Parlament gewählte Straßenkehrerin, die er aus purem Eigennutz heiraten will. So halten sie sich gegenseitig für die Erwählte, und dieses Verwechslungsspiel wird bis an seine äußersten Grenzen fortgetrieben.
Die beiden Schauspieler Andreas Erfurth und Michael Stobbe arbeiten die absurden Momente der Situationen besonders gut heraus. Die jeweils stimmigen Bühnenbilder und Kostüme stammen von Norman Zechowski.
Zwei Herren, die den Kopf verlieren: 2.-5. September, 7. und 8. 9. Dann wieder: 1.-3. Oktober und 7.-10. 10., Kleines Theater, Südwestkorso 64, Friedenau, Nähe Bundesplatz. Telefon: 8212021.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/58891.herrlich-absurde-und-witzige-monologe.html