In den Betrieben des Freistaats Thüringen weht ein rauher Wind. Eine dünne Kapitaldecke, eine dünne Personaldecke für Massenentlassungen fehlt die Masse. Jetzt lassen sich die Unternehmer einiges einfallen, um die Belegschaften weiter auszudünnen.
Beispiel Menatef. Der Chef des Erfurter Metall- und Natursteinbetriebes, Arno Niederländer, schreibt einen siebenseitigen Brief an seine 86 Beschäftigten. „Wir fragen uns, warum wir, obwohl wir alle unsere Versprechen gehalten haben, obwohl wir zuverlässig und berechenbar, ehrlich und glaubwürdig sind, trotzdem von Ihnen immer wieder enttäuscht werden...“ Und als Strafe für sogenannte Verantwortungsverweigerung, für verweigerte Mitbestimmung, für angebliche „Schlampereien und ständige Unzuverlässigkeiten“ zahlt Menatef den Lohn zehn Tage später als üblich aus. Neben einem literarischen Ausflug zu Adam, Eva und der Vertreibung aus dem Paradies fügt Arno Niederländer eine unverhohlene Drohung hinzu: „Sollten Sie sich tatsächlich dazu veranlaßt sehen, zum Arbeitsgericht Erfurt zu marschieren, so können Sie sicher sein, daß dies gebührend gewürdigt werden wird.“ Der Brief schließt mit einem Bibelzitat: „Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg' auch keinem anderen zu.“
Der Brief geht anonym an eine thüringische Zeitung, die
sich an die Rechtsstelle des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) wendet. Werner Haußmann, Leiter der Rechtsabteilung, hält solche Disziplinierungs- und Einschüchterungsversuche nur für die Spitze des Eisbergs. „Mittlerweile kann ich nur noch darüber lächeln, welch Geistes Kind hier am Werk war“, lautet sein Kommentar zu Menatef.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/589715.bsollten-sie-zum-arbeitsgericht-marschieren-l.html