Mutiger Einsatz für Menschenrechte

Aachener Friedenspreis 2004 an türkische Anwältin und Petersburger Soldatenmütter verliehen

  • Michael Klarmann, Aachen
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Die türkische Rechtsanwältin Eren Keskin und die Initiative Petersburger Soldatenmütter erhielten gestern den Aachener Friedenspreis.

»Männer, Frauen und Gruppen, die von unten her« zur Völkerverständigung beitragen - das sind für den Verein Aachener Friedenspreis Kandidaten für die jährlich vergebene und mit je 1000 Euro dotierte Ehrung. Genau das trifft auf die Preisträger zu, die gestern Abend ausgezeichnet wurden. Die türkische Rechtsanwältin Eren Keskin wurde, so Vereinsvorsitzender Otmar Steinbicker, »für ihren mutigen Einsatz für die Menschenrechte« in ihrer Heimat geehrt. Durch ihr Engagement für verfolgte Frauen sei sie selbst in Gefahr geraten, zeitweise war sie inhaftiert. Die »Gesellschaftliche Rechtsschutzorganisation Soldatenmütter von Sankt Petersburg« erhielt den Preis, weil sie rund 150000 Kriegsdienstverweigerer betreut habe und überdies »Widerstand gegen den schmutzigen Krieg in Tschetschenien« leiste. In ihrer Laudatio lobte Barbara Lochbihler, Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, das ungebrochene Engagement der Preisträger. Eren Keskin arbeitet seit 1984 als Rechtsanwältin in Istanbul, gehörte zu den Gründern des Menschenrechtsvereins IHD und ist heute dessen stellvertretende Vorsitzende. 1997 gründete sie zudem mit anderen Anwältinnen ein Projekt, das Frauen - meist Kurdinnen - hilft, die von Sicherheitskräften vergewaltigt wurden. In ihrer Dankesrede während des Festaktes kritisierte die 45-Jährige harsch, dass Folter zwar eine in der Türkei verbotene Verhörmethode sei, die aber dennoch von Polizei und Militär weiter angewendet werde. Auch nähmen die »inoffiziellen Festnahmen« zu. Am Bosporus könne man nicht von einer demokratischen Lage sprechen. Aber während die EU der Türkei aus Menschenrechtsgründen den Beitritt verwehre, verkaufe sie ihr und dem mächtigen Militär zugleich Waffen für den Krieg in Kurdistan, so Keskin. Die 1991 gegründeten Petersburger Soldatenmütter beraten russische Kriegsdienstverweigerer und deren Angehörige. Die Organisation kämpft zudem für das Ende der Zwangseinberufung in Russland. Ella Poljakowa, Vorsitzende der Dachorganisation von Tausenden ehrenamtlich Engagierten, sagte in ihrer Rede, leider sei »es mittlerweile traurige Praxis, im Rahmen der Einberufung junge Männer buchstäblich von der Straße weg mit Gewalt in die Kasernen zu bringen«. Auch die Soldatenmütter selbst haben unter Repressionen der Sicherheitsdienste zu leiden. Poljakowa kritisierte, in Russland gebe es seit vier Jahren einen »zunehmenden Totalitarismus«. Die Initiative wolle dennoch weiterhin »junges Leben davor bewahren, der Schande des Tschetschenienkrieges zum Opfer zu fallen«. Schon am Morgen hatte Poljakowa vor der Presse die neuen Anschläge und Geiselnahmen durch Rebellen und Terroristen zum Anlass genommen, dass »sofortige Ende des Krieges« zu fordern, ehe sich die Lage weiter zuspitze. Verliehen wird der Friedenspreis seit 1988 traditionell am Antikriegstag, bislang immer an einen nationalen und internationalen Träger. Dass es erstmals zwei internationale Preisträger gebe, liege daran, dass beide aktuell bedroht seien. Man ...

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