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Schabowski bekennt moralische Schuld und Schmach Klartext

  • Lesedauer: 2 Min.

Klartext hat Günter Schabowski gestern im Politbüro-Prozeß gesprochen. Ausdrücklich schloß sich der letzte Berliner SED-Chef und frühere ND-Chefredakteur den Erklärungen seiner Mitangeklagten nicht an: „Es gibt von Beteiligten noch andere Sichten auf die Vergangenheit.“ Wie die durchaus unterschiedlichen von Hager oder Krenz, muß man sie nicht teilen. Etwa die Anwürfe gegen Modrow. Aber Nachdenken darüber müßte - nicht nur für Ex-DDR-Bürger - Pflicht sein.

Als „Teil der Erblast unseres mißratenen Versuchs, die Menschheit von ihren Plagen zu befreien“, sieht Schabowski die Toten an Mauer und Westgrenze der DDR. An diesem Versuch nahm er teil, am Ende in führender Position. Und den „messianischen Anspruch, wie die Utopie der Gerechtigkeit zu zimmern ist“, be-

legt er mit dem Possesivpronomen unser Sechs Jahre, nachdem er sich davon getrennt hat. Das ist ehrlich. Deshalb muß man auch seine Einsicht akzeptieren, daß die innere Logik einer Gesellschaftsidee, die ein abstraktes „Gemeinwohl“ vor das des einzelnen Menschen setzt, zu Inhumanität treibt. Als einstiger Protagonist dieser Weltanschauung empfindet er - moralische -Schuld und Schmach angesichts der Opfer der DDR-Grenze.

Doch der Anklage wirft auch Schabowski Eindimensionalität vor. Auch er weist sie zurück, nicht aber dieses Gericht. Seine Begründung -dafür ist gleichfalls bedenkenswert: Wäre die DDR ohne Makel aus der Geschichte geschieden, nicht an Ablehnung und Widerstand ihrer Bürger zu Grunde gegangen, befände sich die BRD-Justiz nicht in dieser Lage. Wo er recht hat, hat er

recht. CLAUS DÜMDE

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