nd-aktuell.de / 27.02.1996 / Politik / Seite 6

Sensationelles mußte her

Die CIA hat in Miami 12 000 Voll- und Teilzeitbeschäftigte. Mit Kongreßabgeordneten, Terroristen, Parteifunktionären und Journalisten sitzen sie unter dem gemeinsamen Dach dieser Anti-Castro-Industrie, die in letzter Zeit nicht mehr recht florierte. Die Mehrheit der US-Amerikaner sind des ewigen Kuba-Getöses überdrüssig, die Unternehmer, die den Anschluß nicht verpassen wollen, ohnehin. Was bei Präsident Clinton bisher zu diesem Thema hervortrat, war geballter Wankelmut, allerdings ohne die hysterische Aggressivität seiner Vorgänger. Mochte

er noch so harsche Töne gegenüber Havanna anschlagen, man war meist geneigt, Wahltaktik zu vermuten und zu glauben, daß «?-? nach.seiner Wiederwahl das Zeug hätte, mit Fidel Castro ins Gespräch zu kommen. Die Anti-Castro-Industrie ging jedenfalls auf Konfrontation zu ihm. Um jedoch sicher zu gehen und ihn während der kompliziertesten Wahlkampfphase vereinnahmen zu können, brütete sie eine ihrer Provokationen aus. Im Oktober 1994 schon erklärte der Generalsekretär der Partei der Demokratischen Einheit in Miami, Sergio Gonzalez, Havanna den Krieg. Nach einem Jahr meldete er öffentlich Vollzug: Über 100 Castristen hätten seine Kommandos auf der Insel getötet, „einige Fabrik- und Gleisanlagen gesprengt“ Alles Prahlerei zum Zwecke der Subventionserhaltung. Aber Kubas Sicherheitsorganen sind seither, soweit bekannt, vier Minigruppen potentieller Saboteure in die Hände gefallen.

Etwas Sensationelles mußte ersonnen werden, das auch den Medien mehr als ein paar Zeilen wert sein würde. So entstand die „Demokratie-Flottille“ mit dem erklärten Ziel, Kuba anzusteuern und immer wieder mal in dessen Territorialgewässer einzudringen, um die Küstenwacht zu reizen oder sie lächerlich zu machen. Ähnlich taten's die Hermanos al Rescate.

Hatten die USA-Behörden nicht die Mittel, das Treiben dieser Kriegserklärer, Bombenleger und Provokateure zu unterbinden? Ist diese Regierung zu schwach, um zu sagen: Schluß jetzt, wir haben andere Sorgen und nicht die Absicht, uns zusätzliche Probleme aufladen zu lassen? Ist es nicht ehrenrührig, dem kleinen Nachbarn einfach keine Ruhe zu gönnen? Man stelle sich vor, Exil-Kurden kreuzten mit Flugzeugen über Istanbul auf!

US-Präsident Bill Clinton entschied am Montag nach einer Sitzung mit seinen Sicherheitsberatern über verschärfte Sanktionen gegen Kuba.