nd-aktuell.de / 27.02.1996 / Kommentare / Seite 17

Ein Skandal

Vor 75 Jahren hat AEG den TRO-Standort in der Wilhelminenhofstraße in Oberschöneweide gegründet. 75 Jahre später will ihn die AEG schließen. Die Vorwände sind offensichtlich fadenscheinig. TRO habe mit Dumpingpreisen auf fremden Märkten gewildert. TRO habe zu hohen Finanzaufwand. TRO produziere unrentabel. TRO sei verkehrsmäßig schlecht angebunden. Betriebsratsvorsitzender Wolfgang Borger zählte auf und stellte nur Gegenteiliges fest.

Er wie auch, Siegfried Masson von der Berliner IG Metall oder der PDS-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Hartmann liegen richtig, wenn sie „höhere“ Interessen der AEG-Konzernführung in Frankfurt/Main anführen - Sicherung von Marktanteilen unter Ausschaltung von Konkurrenz. Jener aus dem Osten, wie das TRO-Beispiel in seinem Wechselverhältnis zum AEG-Standort in Mönchengladbach zeigt.

Offensichtlich hat die große Flurbereinigung begonnen. Zumeist haben zeitliche Rahmen von Treuhandauflagen ihre Geltung verloren, fühlt man sich an bestimmte Vorgaben nicht mehr gebunden, spielen Fragen von Standortsicherung und -ausbau keine Rolle mehr Subventionen sind zumeist kassiert und verbraten, wo auch immer. Jegliche Hemmungen werden abgelegt.

Die Produktion bei TRO ist ausgelastet, dennoch soll sie eingestellt werden. Eiskalt. Auch bei Fritz Werner & Niles gibt es volle Auftragsbücher, es wurde jedoch der Konkurs angemeldet. Zufälle?

Peinlich an den Vorgängen ist die Ohnmacht der Politik. Jetzt müsse alles getan werden ., meinte Arbeitssenatorin Bergmann, Er stehe fest an der Seite der TROjaner, behauptete Wirtschaftskollege Pieroth. Daß aber der Senat längere Zeit schon den Eindruck hatte, daß sich bei TRO Mißmanagement zeige, wie Hans-Peter Hartmann informierte, und diese Erkenntnis offenbar für sich behielt, nicht handelte, ist weniger peinlich als vielmehr ein Skandal.

PETER KOLLEWE