nd-aktuell.de / 20.09.2004 / Brandenburg

Der Müggelsee - ein Munitionslager?

Heute beginnt eine groß angelegte Bombensuche/2005 ist systematische Sondierung geplant

Steffi Bey
Der Große Müggelsee ist nicht nur der größte See der Hauptstadt, sondern auf dem Boden dieses Gewässers lagern auch noch berlinweit die größten Mengen an Kriegsmunition. Wie viele Bomben und Granaten sich in dem Sand verstecken, kann niemand genau sagen. »Wir vermuten Tonnenbeträge in zweistelliger Höhe«, macht Uwe Heling von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung deutlich. Erst vor wenigen Wochen wurden im nördlichen Bereich des insgesamt 7,7 Quadratkilometer großen Sees 15 Bomben entdeckt. Am heutigen Montag beginnt nahe dem Strandbad Müggelsee eine groß angelegte Aktion. Auf einer Fläche von 45000 Quadratmetern soll der Untergrund systematisch nach Kriegshinterlassenschaften durchsucht werden. »In 30 Arbeitstagen müssen wir fertig sein«, sagt Bauleiter Johann Moser von der Gebrüder Kemmer GmbH, die im Auftrag des Senats arbeitet. Am Freitag wurde schon mal ein Probelauf durchgeführt. Dabei tauchte ein Bagger, der für die nächsten Wochen auf einem Schiff stationiert ist, seinen Greifarm ins Wasser. Mit einem 50 Zentimeter breiten und zwei Meter langen Magneten tastete sich die Maschine in die Tiefe vor. Ein Kompressor drückte mit aller Kraft Luft durch die vielen Schläuche, so dass nur noch eine breite Schaumwolke zu sehen war. Diese Woche wird sich der Vier-Finger-Magnet 25 Zentimeter tief in den Sandboden des Sees bohren. Dadurch bleiben alle Metallteile haften und können herausgezogen werden. Im Umkreis von etwa 500 Metern wird die Bergungsstelle zwischen Spreetunnel und Strandbad abgesperrt. Bojen markieren den Bereich, der aus einem Ponton, einem Baggerschiff und einem Arbeitskahn besteht. Polizeifeuerwerker Thomas Mehlhorn ist bei dem gefährlichen Einsatz dabei. Er wird nicht nur die Fundstücke auf der Plattform sortieren, sondern auch die Zünder vor Ort entfernen. Für den 39-Jährigen ein Routine-Job, wie er sagt. Er hat sich gründlich auf die Aktion vorbereitet: Unterlagen über verschiedene Munition studiert, Fotos und Zeichnungen gesichtet. »Nur weiß eben niemand genau, wo die Waffen liegen«, erklärt der Polizeikommissar. Ins Wasser gelangten die Bomben und Minen vermutlich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, als sie mit Schiffen zum Müggelsee gebracht und dort versenkt wurden. Im Gegensatz zum Westteil der Stadt, wo schon in den 60er und 70er Jahren alle Gewässer gründlich geräumt wurden, ging man im Osten nur punktuell vor. Nach 1990 sind auch dort einzelne Gewässer, wie beispielsweise die Rummelsburger Bucht und der Kleine Müggelsee, abgesucht worden. Rund 100000 Euro kostet den Bund die Müggelsee-Aktion. Für die Bergung des gesamten Sees fehlt bislang das Geld. Doch im nächsten Frühjahr soll das Gewässer durch eine computergestützte Sondierung untersucht werden. »Dann wissen wir genau, wo noch Munition lagert«, betont Uwe Heling. Um die Arbeit der Kemmer GmbH kontrollieren zu können, hat der Senat mehrere, gekennzeichnete Metallteile im See versenkt. »Wenn die alle geborgen sind, ist klar, dass kein Fleckchen vergessen wurde«, erklärt der Senatsmitarbeiter.