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Keine Schmusepuppe

Kardinalsgespräch über Verhältnis Kirche - Medien Von Günter Fleischmann

  • Lesedauer: 2 Min.

Vom Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Hammerschmidt, war kürzlich zu lesen: »Dreckschleuderer« wie bei RTL und der ARD-Sendung »ZAK« hätten problemlos »beim nationalsozialistischen >Stürmer< arbeiten können«. Gesitteter ging's beim Medienempfang des Berliner Erzbischofs Georg Kardinal Sterzinsky zu.

Wenn ein Kardinal wie Sterzinsky in Berlin zum Mediengespräch lädt, kommt unweigerlich die Sprache darauf, daß so wenig über die Kirchen in der Presse zu lesen ist. Die Entschuldigungen reichen dann von der relativ geringen Nachfrage seitens der Leser, die der Herausgeber der »Berliner Zeitung«, Dieter Schröder, konstatierte,

bis zum mangelnden Angebot und Entgegenkommen seitens kirchlicher Kreise, das der stellvertretende Chefredakteur der »Märkischen Allgemeinen Zeitung«, Lothar Mahrla, bemerkte. Dazwischen gab es manches andere, wie die mangelnde Sachkenntnis der Journalisten in Fragen des Glaubens und der Kirche und die ablehnende Einstellung vieler von ihnen zu religiösen Themen.

Dem setzte Martin Lohmann, stellvertretender Chefredakteur des »Rheinischen Merkur«, die ethische Pflicht der Journalisten zur Darstellung der Wirklichkeit entgegen, zu der nun einmal auch Glauben und Kirchen gehören. Er kritisierte, daß sich manche Kollegen der »vierten Gewalt« als neue Moralapostel fühlen.

Kardinal Sterzinsky dagegen zeigte sich über die Entschuldigungen verwundert: Im Verhältnis zu anderen Gemeinschaften werde über die Kirchen doch viel berichtet. Tatsächlich: Das Fernseh-

magazin der katholischen Kirchenpresse bietet allein für letzte Woche rund 30 entsprechende Sendungen an. Der Kardinal räumte jedoch ein, daß sich die wesentlichen Anliegen des Glaubens in den Massenmedien nur schwer darstellen lassen. Aber sie könnten doch wenigstens neugierig auf die Kirche machen.

Dies sei aber nicht einfach, erläuterte Dieter Schröder am Beispiel des § 218, wo die öffentliche Interessenabwägung weniger zum katholischen Prinzip des Schutzes des Lebens als vielmehr zur Selbstbestimmung der Frau tendiere. Wie sich die Katholiken dabei ihre Medienarbeit vorstellen, zeigte die Entgegnung der Katholikin Hanna-Renate Laurien: Der § 218 eignet sich nicht für Schlagzeilen.

Überhaupt, so Martin Lohmann, werde die Kirche wohl nie die Schmusepuppe der Medien sein, weil immer ein gespanntes Verhältnis zwischen den Polen bestehe: Kirche als göttliche Stiftung und Medien als Transportmittel für Informationen; ewige Wahrheit und Nachricht mit Verfallsdatum. Gerade der § 218-Streit zeigt: Der absolute Wahrheitsanspruch der katholischen Kirche kann die Massenmedien letztlich nur als Transportmittel für die eigene Meinung akzeptieren.

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