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mm Neue Vision: Rote Millionäre

Unternehmer prägen PDS-Kommunalpolitik Aus Leipzig berichtet Marcel Braumann

  • Lesedauer: 3 Min.

Leipzigs SPD-Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube wünschte sich von den 160 Kommunalpolitikern der PDS, die sich in seinem Rathaus versammelt hatten, »Lösungen, die uns bei unserer gemeinsamen Aufgabe weiterhelfen«.

Das sozialdemokratische Stadtoberhaupt nutzte sein Grußwort an die Kommunalpolitische Konferenz der »ganz normalen politischen Partei« PDS als demonstratives »Zeichen kollegialer Verbundenheit«. Nicht etwa wegen plötzlicher Annäherung an die linke Konkurrenz, sondern aus »Respekt und Anerkennung«, wie er es formulierte, für die mit großem Aufwand an Zeit und Kraft fürs Gemeinwesen tätigen Kommunalpolitiker. Wieder einmal wurde deutlich, daß sich der inzwischen erreichte Stellenwert dieser Partei zum Gutteil ihnen verdankt.

Entsprechend selbstbewußt sind sie und »deutlich weggekommen vom wehleidigen Klageton, der noch vor zwei Jahren üblich war«, stellte am Ende der Kon-

ferenz der PDS-Landtagsabgeordnete Michael Friedrich fest, Sprecher des Landesvorstandes für Kommunalpolitik und Regionalisierung. Da konnten in der Diskussion nur diejenigen aus der sächsischen Parteispitze mithalten, die selber im lokalen Geschehen verwurzelt sind, so der stellvertretende Landesvorsitzende Klaus Tischendorf. Er ist auch Fraktionsvorsitzender in seiner Heimatstadt Lugau und mischte in Leipzig in der Diskussion des Arbeitskreises zu Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung mit.

Landeschef Reinhard Lauter hatte zuvor in einer wohlabgewogenen Eröffnungsrede erklärt, die Kommunalpolitik solle die Probleme kenntlich machen, die vorrangig einer theoretischen Bearbeitung bedürfen. Dazu gehört neben der Gemeindegebiets- und Kreisreform zweifellos die Förderung einer selbsttragenden Wirtschaftsstruktur. Dieses Thema liegt auf der unteren Ebene bei der PDS längst in kompetenten Händen, die Unternehmer stellten die Mehrheit der Teilnehmer in der Debatte über Wirtschaftsförderung.

Klaus Keller, PDS-Fraktionsvorsitzender in Görlitz und Unternehmer, äußerte nicht nur den Wunsch, bis zum 65. Le-

bensjahr noch Millionär zu werden, und stellte für diesen Fall kräftige Parteispenden in Aussicht. Er bekannte sich dazu, »Wirtschaftspolitik wie ein Kapitalist« zu betreiben; Kommunen müßten mit kapitalistischen Methoden Gewinne erwirtschaften, die dann sozial verteilt werden können. Gisela Leuthold, Wirtschaftsexpertin der PDS-Kreistagsfraktion in Meißen-Radebeul, erinnerte daran, daß in der DDR zuwenig Gewinn gemacht worden und deshalb der Sozialismus untergegangen sei.

Frau Leuthold beschrieb eindrucksvoll, wie in ihrem Kreistag die Sozialisten heute die Verwaltung wirtschaftspolitisch zum Jagen tragen und selber umfängliche Konzepte der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen bereithalten. Ein Genosse aus dem Nachbarkreis, selber Bauer und Gastwirt, regte die Gründung einer alternativen Bank an, die den Kleinkapitalisten mehr hilft als die existierenden Geldinstitute. Er äußerte im übrigen Unverständnis darüber, daß die unlängst stattgefundene Mittelstandskonferenz der Sachsen-PDS so umstritten gewesen sei.

Michael Friedrich bat in seiner Abschlußrede darum, nicht zu vergessen, daß man auf der »Basis eines ungerechten und unsozialen Gesellschaftssystems« arbeiten müsse. Leipzigs PDS-Stadtfraktionschef Lothar Tippach setzte systemkritische Akzente: Das vom Bundesverfassungsgericht formulierte Verständnis der kommunalen Selbstverwaltung entspreche der preußischen Städteordnung. Im Vordergrund stehe der Nutzen für die Staatsorganisation. Linke Kommunalpolitik müsse aber besonders emanzipatorischen Ansätze aufgreifen.

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