nd-aktuell.de / 30.09.1996 / Kommentare / Seite 13

»Derblecken«

Heinz Schumacher

Gerade nach den aufregenden Europapokalspielen wird hier und da an Stammtischen gefragt: »Welchen Anteil am Erfolg hat ein Trainer wirklich?« Dabei geistert wieder einmal die Aussage eines Romanhelden Hans Blickensdörfers durch die Diskussion: Trainer seien oft »hochbezahlte Armleuchter«. Aber noch lange nicht immer, denke ich.

Franz Beckenbauer brachte dieses Thema in seiner Glanzzeit als Fußballprofi im Gespräch mit einem Journalisten mal auf folgenden Nenner- »Auch mit Ihnen als Coach wären wir deutscher Meister geworden.« Das sagte (fast) alles.

Ob alle Trainer dem beruflichen »Credo« ihres smarten Kölner Kollegen Peter Neururer zustimmen? Der junge Coach behauptete: »In einer Fußballelf müssen

drei Mann das Sagen haben, und die anderen um ihr Leben rennen.« Sind drei nicht schon zu viel?

Was nennt man im bayerischen Dialekt »Derblecken«? Derblecken ist eine Stichelei, wenn etwa Trainer Giovanni Trapattoni nach dem Aus im UEFA-Pokalwettbewerb und erst recht nach dem O:3-Verlust in Bremen gefragt wird: »Arbeiten Sie eigentlich bei den Bayern, oder werden Sie dort gearbeitet?«

»Derblecken« ist es auch, wenn Mario Basler auf »seine« Schlagzeile in einer Boulevardzeitung vor dem Match gegen Valencia »Vier Tore sind das leichteste der Welt« mit prustendem Lachen angesprochen wird. Basler - durch Schaden nicht klug geworden - bramarbasierte vor dem Reinfall im Weserstadion: »Die (Bremer) werden nachher weinen - weil ich weggegangen bin.« Doch die Bremer wieherten geradezu vor Freude, als sie »nachher« Baslers Gesicht sahen, mit dem man hätte »Holz sägen« können, wie Sportfreunde voller Häme berichteten. Heinz Erhardt hätte hier gekalauert. »Wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung.«