Jürgen Schneider, dessen Prozeß erwartet wird, schob das bisher größte private Bauunternehmen Deutschlands zusammen: Bis zur Konkurseröffnung im April 1994 hatte er es geschafft, daß 55 Banken ihm zuletzt 5,3 Milliarden Mark Kredit gaben. Mit Prestigebauten in Berlin und Leipzig machte der von Politikern und Medien umhätschelte Baulöwe schließlich seine besten Geschäfte.
Marc Frey schildert Aufstieg und Fall des stets braungebrannten Toupetträgers. Nach Lehrzeit beim Branchenführer Holzmann AG baute und verkaufte er Ei-{hsWöhnungen, 1 'l^y<5r»e,r l'9fe& 'das Palastn'ötfel^'Für'ste'nhbt ef^ warb. Das »pompöseste Haus im Frankfurter Bahnhofsviertel« wurde saniert, nur die Gründerzeitfassade blieb, zwei Jahre später war es an eine japanische Firma verkauft. Der Vorzeigeinvestor, vom Oberbürgermeister als »Gewinn für unsere Stadt« gefeiert, sanierte sich danach quer durch die besten Citylagen der gewendeten Republik. Allein in Leipzig zog er 41 historische Objekte hoch. Glanz und Luxus nach außen, Betrug nach innen: Dem 5,3 Milliarden-Kredit steht ein Wert von zwei Milliarden gegenüber. Mit Hilfe von etwa 130 Tochter- und Tarnfirmen, davon viele in Holland und den USA, wurde der Betrug organisiert.
Schneider war kein Einzeltäter. Frey listet auf: Graf Lambsdorff, Neffe des FDP-Grafen, and Professor Fissenewert, von Babcock kommend, waren seine Stellvertreter. Vertrauter Sieber kam aus dem Vorstand der BfG. Professor Heier-
mann, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Baurecht, saß im Aufsichtsrat der C1P. Der ehemalige CDU-Pressesprecher von Rheinland-Pfalz und der langjährige Leiter des stern-Büros Frankfurt waren die Medienberater Renommierte Rechtsanwaltskanzleien formulierten Finanzierungsanfragen an die Banken, Wirtschaftsprüfer testierten das Vermögen, Immobiliensachverständige tricksten Gutachten. Die Wirtschaftslobby hielt zusammen: Als die IHK Krefeld für ein Mitglied, einen betrogenen Handwerker, ein Urteil erstritt, wonach Schneiders Methoden zu »einem betrügerischen System« gehören, verhinderte die IHK die Veröffentlichung des Urteils.
Die renommiertesten Banken leckten sich die Finger danach, die Schneider-Fassaden kreditieren zu dürfen. Mehr ausgeben als einnehmen - dieses Prinzip von Unternehmen und Staat bringt den Banken hohe Zinseinnahmen. Verluste werden * über^tyeriüstzuweisungen i an in* < und“aüsläiidis*he Tochterfirmen ! auf den Steuerzahler abgewälzt. Die Deutsche Bank, auch an der Schneider-Pleite führend & verdienstvoll beteiligt, wird ohne Verlust abschneiden.
Die harten Fakten aus Freys Buch hätten auf einem Viertel des Buches Platz. Die Liste der 130 oder mehr Schneiderschen Firmen fehlt. Daß Immobilien europäischer Städte heute Tummelplatz internationaler Schwarzgeld- und Steuerschieberei sind, daß Tarn- und Treuhänderfirmen zur Normalausstattung gehören - Frey läßt es unbeachtet. Mehr ausgeben als einnehmen, Fassaden aufpolieren, Reichtumskosten auf den Staat abwälzen: Die Schneider-Methode ist die Kohl-Methode. Doch dazu schweigt des Journalisten Geschwätzigkeit.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/630727.kohl-methode.html