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  • ND-Leserreisetreff I

Adieu Leipzig - Poznan ruft

Siebtes ND-Leserreisetreffen vereinte wieder 500 Teilnehmer

  • Jochen Fischer
  • Lesedauer: ca. 4.0 Min.
»Mein Leipzig lob ich mir. Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute«, resümiert Goethe im Faust die Begegnung mit der Stadt, die er erstmals als 16-Jähriger hatte. Wie immer man die Worte des Dichterfürsten auch deuten mag - die nahezu 500 ND-Leser-Reisenden, die sich am vergangenen Wochenende in der Stadt an der Pleiße zu ihrem siebten Treffen vereinten, widersprachen ihm nicht. Sie hatten, wie einst auch Fontane, einen »berauschenden Eindruck« von Leipzig. Im Neuen Gewandhaus fanden die Reisegäste unserer Zeitung diese Feststellung sogar fast wörtlich bestätigt. Was die Merseburger Hofmusik unter dem Gewandhausorganisten Michael Schönheit sowie die Gesangssolisten in ihrem Buxtehude-Konzert boten, war ein Musikerlebnis der Extraklasse. Aber schon bevor dieser Musentempel seinen festlichen Konzertzauber an Orgel, Cembalo und Violinen entfaltete, galt die Aufmerksamkeit der Besucher dem Deckengemälde »Gesang vom Leben« von Sighard Gille. Dem Ausflug ins Reich der Töne folgte am Morgen danach eine Stadtrundfahrt. Bei der Vielzahl der Sehenswürdigkeiten indes, die die Halbmillionen-Stadt zu bieten hat, konnte sie allerdings nicht mehr als eine Stippvisite sein. Der Hauptbahnhof, der auch ein riesiges Einkaufszentrum ist, verrät bei genauem Hinsehen sofort seine Zwillingsnatur. Ihm reichte nicht eine, sondern er besitzt gleich zwei Eingangshallen. Das wiederum entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie; die Bahnsteige 1 bis 13 wurden nämlich zunächst von preußischen und die Bahnsteige 14 bis 26 von sächsischen Behörden verwaltet. Ein Muss ist der Besuch der Thomaskirche, die untrennbar mit dem Thomanerchor, einem der bedeutendsten Knabenchöre in Deutschland und darüber hinaus, verbunden ist. Das Denkmal für Johann Sebastian Bach vor dem Südportal der Kirche erinnert an das 27-jährige Wirken des Kantors und Komponisten, der der Nachwelt so großartige Musik hinterließ. Und natürlich gehörte ein Abstecher zum Völkerschlachtdenkmal zum Trip. Weitere Ausflüge führten die umtriebigen ND-Leserreisenden entweder nach Wittenberg oder nach Naumburg. In Wittenberg galt das besondere Interesse den Martin-Luther-Gedenkstätten. In der Stadt, in deren Nähe sich die Wasser von Saale und Unstrut mischen, war der Naumburger Dom Anziehungspunkt Nummer eins. »Natürlich wollte ich die Stifterstandbilder sehen, vor allem die bekanntesten Ekkehard und Uta«, verriet uns Hildegard Langhof aus Berlin. »Immerhin wird letztere häufig als schönste Frau des Mittelalters bezeichnet.« Seit Jahr und Tag besitzen die Gesprächsrunden der ND-Leserreisetreffen Anziehungskraft. Auch im siebten Jahrgang sorgten sie dafür, dass der Wissensdurst unserer Leser gestillt und und ihre Disputfreudigkeit angefacht wurde. Der selbstverständliche und tolerante Umgang mit Fremden sei eine Grundregel der Demokratie, konstatierte Friedrich Schorlemmer bezugnehmend auf ausländerfeindliche Äußerungen. Und dass die Würde des Menschen unantastbar sei, wie es unser Grundgesetz postuliert, sei auch schon in der Bibel nachzulesen. Schauspieler und Theaterintendant Peter Sodann, der sich gelegentlich als betender Kommunist versteht, schilderte, woher er die Kraft bezieht, immer wieder neue Wege zu gehen. »Wenn ein Theaterbesucher auf die Frage, wie ihm die Vorstellung gefallen habe, antwortet: "Interessant", dann weiß ich, da muss etwas verändert werden«, begründete Sodann. Er wünsche sich immer ein kritisches Publikum. Das erhält er möglicherweise, wenn im kommenden Frühjahr eine ND-Leserreise unter dem Motto »Zu Gast bei Peter Sodann« startet. Selbst Literatur von prominenten Autoren haben heute nur eine relativ kurze Lebensdauer, hob der Schriftsteller Walter Kaufmann hervor. Wer auf Anregungen Wert lege, welche Bücher lesenswert sind, der sollte sich an der ND-Literaturbeilage, an Heidenreich und an 3sat orientieren, empfahl er. Die Sportlegende Gustav Adolf Schur wurde nicht müde, von zahllosen Erlebnissen als Rennfahrer zu erzählen. Nachdrücklich sprach Schur sich für eine gesunde Lebensweise aus, für die Bewegung unabdingbar sei. Zu Höhepunkten topfit sei man nur, wenn der Trainingsplan stimmt und exakt eingehalten wird, lautete seine Antwort auf die Frage, warum Sportler allzu häufig bei den Höhepunkten unter ihrem Leistungsvermögen bleiben. Immer wieder zum Nachdenken anzuregen, bezeichnete ND-Geschäftsführer Dietmar Bartsch als wichtigsten Anspruch an das Zeitungsmachen. Er bedankte sich für die Identifikation vieler Leser mit ihrer Zeitung und wünschte, dass alle, die sich vehement als Werber für unser Blatt engagieren, ihre Tätigkeit fortsetzen. Vor allen gehe es darum, junge Leser zu gewinnen. Redaktionell werde man das noch stärker beachten. Manch Heiter-Kritisches hielten auch die Kabarettisten der Leipziger Pfeffermühle bereit. Beifall unter anderem für die Feststellung, der SPD-Vorsitzende sei der wichtigste Posten nach dem Papst. Nun wissen wir, warum Schröder die Funktion niederlegte. Der will noch Papst werden. Aber so ganz konnten die Pfeffer-Müller ihr Versprechen, alle Zeiten durch die Mühle zu drehen, nicht erfüllen. Etwas mehr roter Pfeffer für die Gegenwart wäre sicherlich nach dem Geschmack des Publikums gewesen. Turbulent ging es auch auf dem traditionellen Reisemarkt zu. Die Reiseveranstaltungspartner des ND offerierten ihre Angebotspalette. Und mancher Teilnehmer am Treffen stellte schon Mal die Weichen für den nächsten Urlaub. Dr. Klaus Mewes, Geschäftsführer der Bus Touristik Organisation (BTO) Neustrelitz, verkündete, dass die Idee für die ND-Leserreise »Zu Gast bei Peter Sodann« in den Leipziger Tagen geboren wurde. »Ich wäre glücklich, wenn wir dem Schauspieler die Hütte mal so richtig füllen könnten«. Und noch eins: Mehrheitlich entschieden die Teilnehmer, sic...

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