Kritik der Zocker

Welch Rührstück wurde in den letzten Wochen bei Karstadt aufgetischt. Alle Kontrahenten ziehen an einem Strang und tragen selbstlos zur schmerzhaften Sanierung des Einzelhandels-Riesen bei: die Beschäftigten mit Lohnverzicht, die Anteilseigner mit einer Kapitalerhöhung, die den Börsenkurs zumindest zeitweise auf Talfahrt schickt, sowie die Banken mit einer neuen Kreditlinie. Das Happy End nachdrücklich vermiest haben indes ein paar nörgelnde Kleinaktionäre. Zu Recht, denn einer der Beteiligten tanzt gewaltig aus der Reihe - die Banken, denen übertriebene Zinsen und hohe Sicherheiten zugesichert werden. Damit steigt ihr Einfluss im Konzern, und finanziell lohnt sich für sie das selbstlose Engagement auch noch. Für die Zukunft von Karstadt bedeutet dies erstmal nichts Gutes. Dass die fast klassenkämpferisch argumentierenden Kleinaktionäre ausgerechnet vom Betriebsrat mit Schimpf überzogen wurden, ist auf den ersten Blick verwunderlich. Allerdings können sich die Arbeitnehmervertreter die ideologische Sicht immer weniger leisten. Bei dem Sanierungsprogramm stand für die Beschäftigten - auf Grund der Banken-Drohungen - die blanke Existenz auf dem Spiel. Aktionäre dagegen können es sich leisten zu zocken. Es liegt sogar in ihrer Natur.
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