Sarkozys »Krönung«

Frankreich: Neuer Chef für Chirac-Partei

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.
Das 200-jährige Jubiläum der Krönung Napoleons zum Kaiser wird am 2. Dezember Anlass zu Gedenkzeremonien in Frankreich sein. Da konnten die Medien der Versuchung nicht widerstehen, die Ernennung von Nicolas Sarkozy zum Chef der rechten Regierungseinheitspartei UMP auf einem Sonderparteitag am Wochenende auch zur »Krönung« hochzustilisieren.
Der dynamische und mit 49 Jahren vergleichsweise junge Politiker macht kein Geheimnis daraus, dass er Ambitionen auf den Präsidenten-Thron im Élysée-Palast - intern oft »das Schloss« genannt - hat. Das wenig glanzvolle, aber einflussreiche Amt des Parteichefs soll ihm da-für offensichtlich als strategische Ausgangsposition dienen. Schließlich muss er die Zeit bis zur Präsidentschaftswahl 2007 nutzen, um sich in der Partei ein Netzwerk von Anhängern aufzubauen. Bisher wurde Sarkozy von den meisten Rechtspolitikern eher gemieden; da er im Präsidentschaftswahlkampf 1995 seinem politischen »Ziehvater« Jacques Chirac in den Rücken gefallen war und dessen Konkurrenten Edouard Balladur unterstützt hatte, wurde er jahrelang geächtet. Er hat diese Jahre genutzt, um sich als Bürgermeister und Abgeordneter der wohlhabenden Pariser Vorstadt Neuilly zu profilieren. Seine Rückkehr zu Parteiehren und einem Ministeramt 2002 verdankte er seiner Popularität an der Parteibasis und unter breiten Kreisen der rechtsbürgerlichen Anhängerschaft. Dem musste Jacques Chirac Rechnung tragen, aber wirklich verziehen hat er Sarkozy nie. Das verspricht einen verlustreichen rechten Bruderzwist, sollte Chirac 2007 noch einmal kandidieren. Sarkozy kommt bei der Basis gut an, weil er gern gegen den Strich bürstet. So hat er als Innenminister populistisch einen energischen Kurs zur Bekämpfung der Kriminalität durchgepaukt, der sich umgehend in den Statistiken widerspiegelt, und andererseits hat er sich für eine nationale Vertretung der französischen Muslime engagiert, um deren Integration zu fördern. Als Finanzminister scheute er sich nicht, die von Chirac versprochenen Steuerkürzungen abzulehnen. Gleichzeitig engagierte er sich für eine neoliberale Wirtschaftspolitik und leistete seinen Teil zum Abbau des öffentlichen Dienstes und zur Privatisierung von Staatsunternehmen. Am Montag wird er nun sein Ministeramt niederlegen und sich ausschließlich der UMP widmen. Das hatte Präsident Chirac zur Bedingung gemacht. Sarkozy ließ sich auch dadurch nicht bremsen. Als in den zurückliegenden zwei Wochen die Parteimitglieder in ihren Ortsbüros per Computer abstimmten, beteiligten sich knapp 54 Prozent der 132922 eingeschriebenen Mitglieder am Votum. Vor zwei Jahren, als nach der Gründung der Partei ihr erster Vorsitzender Alain Juppé gewählt wurde, lag die Beteiligung nur bei 29 Prozent. Das Ergebnis wird erst auf dem Parteitag am Wochenende bekannt gegeben, zu dem in Bourget bei Paris 20000 Teilnehmer erwartet werden. Aber schon jetzt ist klar, dass die beiden Alibi-Gegenkandidaten Christine Boutin und Nicolas Dupont-Aignan nicht den Hauch einer Chance haben. So mahnen enge Gefolgsleute von Chirac schon, die erste Pflicht des neuen Parteichefs sei »absolute Loyalität gegenüber dem Präsidenten und seinem Regierungschef«.
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