Iliescu verlässt erste Reihe

Rumänien wählt neuen Präsidenten und neues Parlament

Ion Iliescu, Rumäniens Präsident von 1990 bis 1996 und von 2000 bis jetzt, muss sein Amt verfassungsgemäß abgeben. Am Sonntag findet die erste Runde der Wahl Nachfolgers statt. Zugleich wählen die Rumänen ein neues Parlament.

Um Iliescus Erbe bewerben sich zwölf Kandidaten, aber nur zwei können sich Hoffnung auf einen Erfolg machen: Der jetzige Ministerpräsident Adrian Nastase (54) als Kandidat der regierenden Sozial-Demokratischen Partei (PSD), und der Chef der Demokratischen Partei (PD) Traian Basescu (53), der erst im Sommer zum Oberbürgermeister von Bukarest gewählt wurde. Allerdings dürfte keiner der beiden schon im ersten Wahlgang die erforderlichen 50 Prozent der Stimmen erhalten, so dass eine Stichwahl zwei Wochen später sehr wahrscheinlich ist. Basescus PD bildete gemeinsam mit der National-Liberalen Partei (PNL) eine Allianz »Gerechtigkeit und Wahrheit« (DA), deren Wahlprogramm sich indes nicht wesentlich von dem der PSD unterscheidet: Beide Lager versprechen, das Land in die EU zu führen, die Wirtschaftsentwicklung zu fördern und die Korruption zu bekämpfen. Die bisher regierenden Sozial-Demokraten schlossen ihrerseits ein Wahlbündnis mit der kleinen Humanistischen Partei (PUR). Vor allem wollten sie dadurch verhindern, dass sich die PUR mit anderen Parteien des linken Spektrums zusammentut und womöglich zu viele Wählerstimmen des linken Spektrums abzieht. Überdies ist der PUR-Vorsitzende Inhaber verschiedener Medien, darunter des Fernsehsenders »Antena-1«. Die letzten Prognosen versprachen dem Bündnis PSD-PUR rund 40 Prozent und der Allianz DA etwa 34 Prozent der Wählerstimmen. Demnach wären beide Lager auf Koalitionspartner angewiesen. Die Auswahl wird allerdings nicht groß sein. Der Verband der Ungarn Rumäniens (UDMR), dessen Anteil an der Wählerschaft auf 6 Prozent geschätzt wird, hat jedoch bereits angekündigt, dass er sich - wie bisher - auf die Seite des Wahlsiegers schlagen werde. Eine beachtliche Größe bildet nach wie vor die nationalistische Großrumänien-Partei (PRM). Zwar hat sie seit den letzten Wahlen, als ihr Chef Corneliu Vadim Tudor in die Stichwahl ums Präsidentenamt kam, an Einfluss verloren, dennoch billigt man ihr einen Stimmenanteil von 10 bis 12 Prozent zu, zumal auf ihren Listen 15 Vertreter eines der größten Gewerkschaftsblöcke des Landes Platz gefunden haben. Doch bislang hat sich keines der beiden großen Lager dazu bekannt, im Falle des Falles ein Bündnis mit der PRM eingehen zu wollen. Mangels wesentlicher Unterschiede in den Programmen litt der Wahlkampf sichtlich an Ideenarmut. Statt inhaltlicher wurden den Stimmbürgern personelle Alternativen vorgesetzt. Die PSD und ihr Präsidentschaftskandidat Nastase verwiesen darauf, dass sie das Land in die NATO, die strategische Partnerschaft mit den USA und »nach Europa« geführt haben. Passend zum Auftakt des Wahlkampfes bescheinigte die EU-Kommission Rumänien am 6. Oktober erstmalig, eine funktionierende Marktwirtschaft zu besitzen. Das Ziel der Regierung, die Beitrittsverhandlungen mit der EU bis zum Jahresende 2004 abzuschließen und damit den Weg zur Aufnahme im Januar 2007 zu ebnen, bleibt in Reichweite. Tatsächlich können sich Rumäniens Wirtschaftsdaten sehen lassen, wenngleich davon längst nicht alle Schichten der Bevölkerung profitieren. Im ersten Halbjahr 2004 verzeichnete man ein Plus von 6,6 Prozent, nach dem dritten Quartal erwartete Nastase sogar 8,1 Prozent Wachstum für das Jahr. Eine sehr gute Ernte schlug dabei ebenso zu Buche wie ein zehnprozentiges Wachstum im Bauwesen. Auch der private Verbrauch nahm um mehr als 9 Prozent zu - die Importe wuchsen allerdings schneller als die Exporte, so dass Rumäniens Leistungsbilanz, die seit 2000 durchgehend negativ ausfällt, in diesem Jahr ein Minus von 3,3 Milliarden Euro ausweisen dürfte. Bei Fortsetzung des gegenwärtigen Wirtschaftswachstums könnte Rumäniens Bruttoinlandsprodukt im nächsten Jahr ...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.