Alarmstufe Orange in der Ukraine

Oppositionsbewegung blockiert Amtssitz des Premiers und Präsidialamt / EU will vermitteln

  • Lesedauer: 2 Min.
Am fünften Tag der Massenproteste in der Ukraine haben Zehntausende Oppositionsanhänger in Kiew die Regierungsarbeit lahm gelegt.
Kiew (Agenturen/ND). Mit Bussen, Autos und Menschenketten blockierte die Oppositionsbewegung am Freitag den Amtssitz der Regierung sowie das Präsidialamt und verwehrte dem zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärten Ministerpräsidenten Viktor Janukowitsch den Zugang zu seinem Büro. Im Zentrum Kiews harrten etwa hunderttausend Anhänger des Oppositionskandidaten Viktor Justschenko aus. Wie an den Vortagen dominierte Orange, die Farbe der Opposition. Die führende Oppositionelle Julia Timoschenko hatte am Vorabend aufgerufen, das Regierungsgebäude einzukreisen, um die Staatsdiener in den »Zwangsstreik« zu schicken. Das ukrainische Fernsehen berichtete erstmals ausführlich über die Kundgebungen. In einer TV-Ansprache rief der scheidende Präsident Leonid Kutschma die Demonstranten zur Aufgabe auf. »Hören Sie auf. Je früher, desto besser für die Ukraine«, sagte Kutschma, der seinen Regierungschef Janukowitsch als Wunschnachfolger ausgewählt hatte. Auf dem Platz vor dem Kiewer Bahnhof versammelten sich etwa 25000 Regierungsanhänger. Viele von ihnen kamen aus dem russischsprachigen Osten, wo die Unterstützung für Janukowitsch besonders groß ist. Der offizielle Wahlsieger erklärte vor den Versammelten, das Leben jedes Einzelnen sei ihm teuer. »Ich brauche keine Macht, wenn dies zu Blutvergießen führt.« Neben anderen ausländischen Politikern schaltete sich der EU-Außenbeauftragte Javier Solana in Kiew in die politischen Querelen ein. Geplant war ein Treffen mit Kutschma und Justschenko. Bei einem Gespräch Janukowitschs mit dem als Vermittler in die Ukraine gereisten polnischen Expräsidenten Lech Walesa gab es nach Angaben eines Mitarbeiters von Walesa keinerlei Fortschritte. Der Premier habe aber zugesagt, dass es keine Gewaltanwendung geben solle. Präsident Kutschma warf Walesa indes vor, sein Besuch habe die »Spannungen weiter erhöht«. Walesa sei nicht eingeladen worden, und auch der polnische Präsident Aleksander Kwasniewski habe ihm kein Mandat gegeben, so Kutschma. »Wir habe schon mehr Agitatoren bei uns als nötig.« Das ukrainische Parlament beraumte für den heutigen Sonnabend eine Krisensitzung an. Die PDS verurteilte die ausländische Einmischung in der Ukraine. »Die Ukrainerinnen und Ukrainer müssen allein, demokratisch und selbstbestimmt entscheiden können«, erklärte PDS-Bundesgeschäftsführer Rolf Kutzmutz.
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