Schließung von Schloss Wiepersdorf steht bevor

Noch kein neuer Betreiber für das Künstlerhaus gefunden / Mitarbeiter erhielten inzwischen die Kündigung

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.
Der Sprecher des Kulturministeriums, Holger Drews, rückt bei dem Thema ungern mit der Sprache heraus. Plötzlich aber wird er ganz deutlich: »Neue Anträge für ein Künstlerstipendium in Wiepersdorf (Kreis Teltow-Fläming) können wir nicht entgegennehmen, bis die Trägerfrage geklärt ist.« Kaum jemand in Potsdam glaubt heute, dass das Künstlerhaus Schloss Wiepersdorf als solches noch zu retten ist. Als Perle der Kulturpolitik wurde es in DDR-Tagen ausgebaut und nach der Wende auch weiter betrieben. Alle halbe Jahre wechselten die Bewohner. Künstler aller Sparten fanden hier ein paar Monate Ruhe, um sich unbeschwert ihrer Arbeit zu widmen. Abgerechnet wurde am Ende eines jeden Durchgangs in der Regel mit einem in Wiepersdorf vollendeten Kunstwerk. Jahrelang teilten sich alle fünf neuen Länder und Berlin die Kosten für das durchaus luxuriöse Unternehmen, wohl wissend, dass nach der Wende vielen Künstlern der scharfe Wind der Marktwirtschaft ins Gesicht wehen würde. Doch nun regiert kein gemeinsamer ostdeutscher Sinn mehr. Erst scherte Sachsen aus, später zogen Thüringen und Sachsen-Anhalt nach. Der Träger, die Stiftung Kulturfonds, musste Insolvenz anmelden. Doch dann schien der einmütige Protest hunderter Künstler Erfolg zu haben. Die Abwicklung sei vom Tisch, da Bund und Land für drei Jahre die Finanzierung sichern, hieß es kurz vor der Brandenburger Landtagswahl am 19. September. Wenige Woche vor Jahresende ist aber immer noch kein neuer Träger gefunden, der den Betrieb des Künstlerhauses übernimmt. Trotz der Beiträge von Bund und Land fehlen noch 350000 Euro pro Jahr, um das Schloss in seiner bisherigen Form betreiben zu können. Die Mitarbeiter erhielten inzwischen ihre Kündigung. Der von Kulturministerin Johanna Wanka (CDU) erhoffte reibungslose Übergang findet mit Sicherheit nicht statt. »Wir müssen realistisch sein«, sagt Sprecher Drews. Einige Monate müssten die Mitarbeiter mit ihrer Abfindung auskommen. Eine Prognose für den Neustart wagt er nicht. Die Gespräche seien aber auf gutem Wege. Indessen steht die Schließung der Anlage auf unbestimmte Zeit bevor. Vielleicht macht sie ja als Gästehaus mit angeschlossenem Künstlerflügel wieder auf.
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