Werbung

Warten auf den rot-roten Ruck

  • Karin Nölte
  • Lesedauer: 2 Min.
Den hauptstädtischen Kulissenschiebern droht das Aus. Was sollen sie denn ins Licht der Öffentlichkeit rücken, wenn sieben Tage die Woche alles auf offener Bühne ausgetragen wird. Dazu von einem einzigen Mann, dem Regierenden Bürgermeister. Wenn nicht ein Ruck durch Rot-Rot geht, werden die Launen von Klaus Wowereit zum Langweiler. * Ja, Wowereit ist launisch. Noch am Montag behauptete er auf der Aids-Gala: »Ich lasse mir die Laune nicht verderben.« Da fing der Ärger wegen falscher Kleiderordnung und öffentlicher Knutscherei erst an. Am Donnerstag sagte er seine Teilnahme am Bundespresseball ab und ließ seinen Sprecher sagen: »Seine Neigung, jetzt auf einen Ball zu gehen, ist nicht so groß.« * Wowereit ist also eingeschnappt. Weil er sich selbst einen »Medienprofi« nennt, sich aber von Paparazzi hat reinlegen lassen. Vor allem, weil er sich für supertoll gekleidet hält, nachdem »Mens Health« ihn zum zweitbestgekleideten Mann in der »Business«-Kategorie gekürt hatte, nun aber in Modesachen wie der nackte Kaiser dasteht. Und vermutlich besonders, weil sonst so hilfreiche hauptstädtische Zeitungen sich seinen Versuchen entzogen, mit Politik in die Öffentlichkeit zurückzukehren - sie schlugen ihm den Wunsch aus, ein Interview geben zu dürfen. * Wenn der Regierende sich verweigert, weil Klaus eben mal keine Lust hat, lebt er in einer verkehrten, eigenen Welt. Und wenn er im November feststellt, dass sein Etat für Feiern und Repräsentation alle ist, und nun Geld in anderen Töpfen suchen lässt, hat er nicht verstanden, dass er in Berlin regieren soll. Vielleicht muss man seinem Satz nachspüren, den er zur Eröffnung des Weihnachtsmarktes auf dem Gendarmenmarkt abgelassen hat, nachdem ihm ein riesiges Pfefferkuchenherz umgehängt worden war: »Manche haben mich schon Früchtchen genannt, jetzt bin ich wohl auch noch ein Herzchen.« * Auf dem Niveau könnte es ewig weitergehen, möglichst bis zu nächsten Wahl, kann sich die Opposition nur wünschen. Die FDP steuerte deshalb gestern ein Plakat zur Debatte bei (Foto: dpa/Kaarmann). * Rot-Rot ist derweil lieb zueinander. Während der Abgeordnetenhaussitzung am Donnerstag verteilte der PDS-Abgeordnete Gernot Klemm rote Schleifen zum Welt-Aids-Tag an alle. PDS-Senatorin Heidi Knake-Werner hatte, leider, schon eine von der SPD-Fraktion angesteckt bekommen. SPD-Senatorin Ingeborg Junge-Reyer nicht, also nahm sie die PDS-Schleife gern an. Rot-Rot rückt zusammen. Das lässt für den Ruck hoffen.
Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal