nd-aktuell.de / 21.01.1997 / Politik

In Cottbus hat sich Rauschgiftszene etabliert

Neben weichen Drogen und Ecstasy ist auch viel Kokain auf dem Markt Von Ronald Ufer, ADN

Drogenfälle gehören bei der Cottbuser Staatsanwaltschaft schon zum Alltag. Mindestens seit 1994 habe sich eine Szene in der Stadt und einigen anderen Orten Südbrandenburgs etabliert, sagt Staatsanwalt Olaf Jurtz. Das Angebot ist so reichhaltig, daß der Preis pro Ecstasy-Tablette von 30 bis 35 Mark auf zehn bis zwölf Mark fiel. Jurtz rechnet seit 1994/95 mit einem wöchentlichen Drogenabsatz im Kilogrammbereich.

Ähnliche Entwicklungen gibt es auch bei Kokain. Zur Überraschung von Polizei und Staatsanwaltschaft findet diese teure Droge in Cottbus und Umfeld erheblichen Absatz. Die durchschnittliche Tagesration von einem Gramm kostet trotz

»Preisverfalls« immerhin noch 150 bis 220 Mark. Bei einem Dealer wurden im Herbst mehrere hundert Gramm der Droge und 5000 Ecstasy-Tabletten beschlagnahmt, ohne die Szene »austrocknen« zu können. Die Belieferung begann als Eigenversorgung der Süchtigen mit weichen Drogen in Berlin. Heute erfolgt sie über Kuriere aus den Niederlanden. Die befürchtete Drogenflut über die polnische Grenze blieb dagegen aus.

Den steigenden Drogenkonsum widerspiegeln die bei der Cottbuser Staatsanwaltschaft anhängigen Verfahren. 1993 waren es über 50, im Jahr darauf 93, 1995 bereits 293 und im Vorjahr 355 Verfahren mit 419 Beschuldigten. Südbrandenburg liegt über dem Durchschnitt des Landes, was laut Jurtz an der erfolgreichen Arbeit der Polizei liegt. Über zwei

Drittel der Fälle wurden bereits bearbeitet und eine erhebliche Zahl eingestellt. Zum Teil, weil sich der Verdacht nicht erhärtete, zum Teil, weil Erstkonsumenten mit kleinen Mengen weicher Drogen in Brandenburg nicht vor Gericht kommen. Schwerpunkte sind Cottbus, Lübben-Lübbenau und Senftenberg-Lauchhammer

Bei der Bekämpfung der Szene stehen Staatsanwaltschaft und Polizei vor gro-ßen Problemen. So hat die öffentliche Diskussion über die Legalisierung »weicher Drogen« wie Haschisch und Marihuana sowie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes viele Bürger verunsichert, ob der Konsum bestimmter Drogen noch strafbar ist. Diese Verunsicherung reiche bis in die Polizei hinein, sagt Jurtz. Auch Jugendliche griffen seitdem deutlich offener zu Drogen.

Während früher viele Hinweise von Bürgern auf Rauschgiftkonsum und -handel kamen, blicken heute viele weg. Sozialarbeiter und Schulen sehen kein Drogenproblem. Razzien der Polizei in der Jugendszene zeigen jedoch ein anderes Bild. In der Cottbuser Diskothek »Aqua« hielten sich bei einer Durchsuchung 250 Besucher auf, 270 Portionen Rauschgift wurden gefunden.