nd-aktuell.de / 14.12.2004 / Gesund leben

Pummelig oder fett?

Bereits 10 bis 20 Prozent aller Schulkinder und Jugendlichen sind übergewichtig oder sogar fettleibig. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht angesichts dieser Zahlen, die zudem immer weiter ansteigen, bereits seit längerer Zeit von einer »globalen Epidemie«.
Die Ursachen für das zu große Körpergewicht sind vielfältig und beruhen auf einer gestörten Energiebilanz, also dem Verhältnis von Zufuhr zu Verbrauch. Wenn die Energiezufuhr den Verbrauch übertrifft, wird der Mensch übergewichtig, und das trifft auf ein Sechstel der Weltbevölkerung zu, rund eine Milliarde Menschen. 300 Millionen Menschen sind bereits adipös, also fettleibig. In Deutschland sind knapp die Hälfte aller Frauen und ein Drittel aller Männer zu dick. Auf das Körpergewicht haben verschiedene Faktoren Einfluss. Das Risiko des Einzelnen, übergewichtig zu werden, hängt zunächst stark von der individuellen genetischen Veranlagung ab. Die unterschiedliche erbliche Ausstattung der Menschen ist aber keine hinreichende Erklärung dafür, dass es immer mehr Dicke gibt. Vielmehr spielt die gesellschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte eine große Rolle, die zur Veränderung des Lebensstils der Bevölkerung geführt hat. Als wichtigster Grund für die nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit gilt geringe Bewegung im Alltag. Dieser verlangt nur noch selten körperliche Anstrengung mit hohem Energieverbrauch. Kinder werden oft zur Schule gefahren. Im Unterricht sitzen sie. Der Sportunterricht wurde reduziert. In der Freizeit sitzen sie wieder vor dem Fernseher oder Computer. Bewegung im Freien findet immer seltener statt. Attraktive Spiel-und Bewegungsräume für Kinder sind in Städten oft nur über längere Wege und mit Hilfe von Erwachsenen zu erreichen. Der Energieverbrauch des Menschen, im Besonderen der Kinder, hat also abgenommen. Dem trägt die Energiezufuhr aber keineswegs Rechnung. Sie bewegt sich noch auf dem Niveau großer körperlicher Anstrengung. Als Risikofaktor für das Übergewicht gilt zum Beispiel das Fehlen gemeinsamer Mahlzeiten in der Familie. In Schulen und Kindertagesstätten wird angemessene Verpflegung nicht immer angeboten. Oft müssen Kinder und Jugendliche ihr Essen selbst organisieren. Das Angebot ist reichhaltig und leicht zugänglich, aber nicht ausgewogen. Mit dem Griff zu Fastfood, Cola und Süßigkeiten droht schon die Gewichtszunahme, die oft lebenslang anhält. Wenn Übergewicht zu Fettleibigkeit führt, treten gehäuft Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen auf und schränken Lebenserwartung und Lebensqualität ein. Aber auch psychische Probleme und soziale Isolation sind eine häufig verkannte Folge eines krankhaften Übergewichts. Elisabeth David