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Farce von St. Moritz

Kotter: Jury-Urteil muß gelten /Schweizer wehren sich Von Gunnar Meinhardt, dpa

  • Lesedauer: 3 Min.

Der Weltverband FIBT steht nach dem skandalösen Ausgang der Weltmeisterschaft im Viererbob in St. Moritz vor der größten Zerreißprobe in seiner 74jährigen Geschichte. Werden die als Medaillengewinner gekürten Teams aus der Schweiz auf den Rängen eins bis drei verbleiben oder wegen nicht reglementskonformer Achsen disqualifiziert und somit die auf den Plätzen vier bis sechs liegenden Mannschaften von Wolfgang Hoppe (Oberhof), Dirk Wiese (Winterberg) und Brian Shimer (USA) im Nachhinein mit Edelmetall geehrt?

»Die Sachlage ist eindeutig«, betont Klaus Kotter, Präsident des Deutschen Bob-Verbandes. »Die Jury als letztes Entscheidungsgremium der FIBT hat ihr Urteil gefällt. Das ist laut Satzung nicht mehr rückgängig zu machen. Die Schweizer können nur disqualifiziert werden.« Seit geraumer Zeit werde ein erbitterter Materialkrieg geführt, dem Einhalt geboten werden müsse, betonte Kotter

»Wenn die FIBT die Jury-Entscheidung revidiert, hat sie auch das letzte Quentchen Glaubwürdigkeit verloren«, sagte Bundestrainer Raimund Bethge. Hoppe, der sich 117 Minuten als Weltmeister fühlen durfte, sprach von »einem erschreckenden Dilettantismus, den die FIBT an den Tag gelegt und damit der

Sportart einen gewaltigen Imageschaden zugefügt hat«. Er könnte sich über seinen möglichen achten WM-Titel am »grünen Tisch« kaum freuen.

Die Farce hatte zwei Stunden und 30 Minuten nach Abschluß des Wettkampfes begonnen, als Jury-Präsident Georg Werth (Italien) erklärte: »Die Materialkommission hat bei der Gerätekontrolle ermittelt, daß die Achsen der drei Schweizer Schlitten nicht dem technischen Reglement entsprachen. Der Verstoß wurde bei der Mannschaft Rohner im Bereich der vorderen und hinteren Achse, bei den Mannschaften Götschi und Reich an der Vorderachse festgestellt. Die Mannschaften werden aus der Wertung genommen und die drei Nächstplazierten rücken als Medaillengewinner nach.«

Der Schweizer Verband legte unverzüglich Einspruch ein. Daraufhin entschied FIBT-Präsident Robert Storey (Kanada) in einem Statement: »Die Jury, die Materialkommission und der Schweizer Verband müssen innerhalb der nächsten sieben Tage eine ausführliche Stellungnahme abgeben. Danach will die FIBT-

Exekutive so schnell wie möglich über die Medaillenvergabe entscheiden. Voraussichtlich wird dies während des Weltcup-Finals vom 19 bis 26. Februar in Nagano geschehen. Bis dahin gilt die ursprüngliche Rangliste. Die Plazierungen bleiben jedoch vakant. Ihre Medaille dürfen die Athleten aber vorerst behalten.« Vehement bestreitet indes das Schweizer Lager, mit dem Deutschen Klaus Nowak (Witten) als Materialchef an der Spitze, jede Manipulationsabsichten. »Wir können nachweisen, daß wir nichts Reglementwidriges gemacht haben«, schwört Zweierbob-Weltmeister Götschi, an dessen Schlitten die drei Experten der Materialkommission zuerst »rein zufällig« einen Verstoß festgestellt hatten. Bei allen Achsen lagen die gleichen Verfehlungen vor- Sie waren aus drei verschraubten Teile zusammengesetzt. Laut Reglement müssen sie aus einem Stück Stahl bestehen. »Eine zusammengesetzte Achse wirkt wie ein Federsystem, was eine bessere Gleitfähigkeit der Kufen zur Folge hat. Das kann rund zwei Zehntel pro Lauf ausmachen«, erläutert Hoppe.

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