Gefechtslärm unterm Weihnachtsbaum

Großes Geschäft in den USA - neben Action Hero Jesus Christus auch Super-Patriot George W. Bush

  • Rainer Rupp
  • Lesedauer: 5 Min.
Auch bei den Einkäufen zum Fest des Friedens wird der US-Bürger derzeit auf Schritt und Tritt mit Präsident Bushs »globalem Krieg gegen den Terror« konfrontiert.
Dank geschäftstüchtiger Spielzeughersteller und des derzeit überbordenden US-Nationalismus und Militarismus, der von den deutschen bürgerlichen Medien irreführend als »amerikanischer Patriotismus« bezeichnet wird, haben Kriegsspielzeuge in einem bisher unbekannten Ausmaß Einzug in die amerikanischen Kinderzimmer gehalten. Ob Panzer, Raketen oder Maschinenpistolen, der Bezug zu den aktuellen Bush-Kriegen ist nicht zu übersehen und auch gewollt. So bietet die Firma »etoys« vor Wüstenhintergrund eine »großartige Geschenkidee für Jungen zwischen 5 und 10 Jahren« an. Für nur 49,99 US-Dollar kann man das Kinderherz mit ferngesteuertem Kampfpanzer erfreuen, der - so der Werbetext - bei den Kleinen garantiert für »Schlachten nahe Aufregung« sorgt.
Die verzaubernde Saison ist wieder da. »Jingle bells, jingle bells, jingle all the way«, »Süßer die Glöcklein nicht klingen«. Sie werden nur vom trockenen »Tack, Tack, Tack« einer Maschinenkanone unterbrochen, mit der der zukünftige amerikanische Krieger auf dem Schoß seines Vaters als Bordschütze eines Kampfhubschraubers »Terroristen« zerfetzt, die auf dem Computerbildschirm nur schemenhaft als Ziel zu erkennen sind. Denn ihre technisch versierteren Kinder können Eltern mit der neuesten multimedialen Kriegssoftware von der US-Firma Kuma-War beglücken. Diese verfolgt mit ihren Experten jede Schlacht im Irak, um daraus »realistische« Kriegsspiele zu modellieren - so ihre Werbung. Das erlaubt Jung und Alt am weihnachtlich geschmückten Computer im gemütlichen Zuhause »berühmte« Siege der US-Armee im Irak »realistisch« nachzuspielen.

Heldenspiel Falludscha
Bisher sind drei Irak-Spiele erscheinen, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Der verlustreiche Widerstand der Schiiten unter Mullah Al-Sadr gegen die US-Soldateska diente Kuma-War als Vorlage für das Spiel »Baghdad: Der Überfall der Mahdi Army«. Das Spiel »Jagd auf Uday und Qusay Hussein« handelt von der Eliminierung der Söhne Saddam Husseins, die bei ihrer Entdeckung von der US-Armee sprichwörtlich in Stücke geschossen wurden. Rechtzeitig zum weihnachtlichen Geschenke-Boom hat Kuma-War das jüngste »US-Heldenepos« im Irak auf den Markt gebracht, nämlich: »Falludscha: Operation al-Fajr«. Es ist die »Operation«, bei der die irakische Großstadt von den »US-Befreiern« in eine Trümmerwüste verwandelt wurde. Mit den Massakern und Kriegsverbrechen in Falludscha hat das »realistische« und »klinisch präzise« Spiel - so der Werbetext - jedoch wenig zu tun. Realistisch wäre es allerdings gewesen, wenn man die Napalm-Bomben, die Tausend-Kilo-Bomben und anderes schweres Geschütz, das die US-Soldateska auf die Zivilbevölkerung in Falludscha entladen hat, in das Spiel integriert hätte. Auf dem Gabentisch liegt die spielerische Verherrlichung eines ungesühnten Kriegsverbrechens.
»Stille Nacht, Heilige Nacht. Alles schläft, nur die Marines halten Wacht«. Natürlich gegen das Böse, für das Gute, rund um die Welt. Und dabei werden sie unterstützt von leuchtenden Kinderaugen, die sich nichts sehnlicher wünschen, als eine der 12 Zoll großen, sprechenden Action-Heros auf dem weihnachtlichen Gabentisch zu finden. Dabei handelt es sich um gelenkige Puppen, die in Uniformen der US-Spezialtruppen stecken und entsprechend militärisch ausgerüstet sind. In verdeckten Operationen können dann die lieben Kleinen wie im richtigen Leben sich in andere Zimmer schleichen, um dort die nichts ahnenden Bewohner zu überfallen: Leise rieselt der Schnee./Still und starr liegt der See./ Leise wie eine Maus,/ stürmt der Spezialtrupp Dein Haus.
An der Spitze aller 12-Zoll-Action-Heros, Held aller amerikanischen Helden steht George W. Bush, empfohlen für Jungen und Mädchen »ab 14 Jahre«. Auf dem Geschenkkarton strahlt einem das Bild von Bush in Fliegermontur von seiner »Mission Accomplishes«-Propagandashow auf dem US-Flugzeugträger Lincoln entgegen, wo er am ersten Mai 2003 das Ende des Irak-Kriegs verkündet hatte. Für nur 29,99 Dollar können die fast 60 Millionen Bush-Wähler ihren Kriegshelden dem Nachwuchs schenken.

Beglückung durch Top Gun
Für den gleichen Preis gibt es von einer anderen Firma einen ähnlich mit Fliegermontur aufgemotzten 12-Zoll-George W. Bush, der diesmal vor dem Hintergrund eines fast senkrecht aufsteigenden Kampfjets vom Typ F-14 als »Top-Gun« (bester Kampfpilot) verkauft wird. Und ein anderes Unternehmen (Herobuilders) »ist stolz darauf«, neben dem Action Hero »Jesus Christus« auch George W. - diesmal sogar als sprechender »Super Hero« - anzubieten. Bei den Auszügen aus Bushs Reden hat die Firma jedoch offensichtlich darauf geachtet, dass keiner von Bushs berühmten Versprechern darunter ist, wie z.B. seine umwerfende Feststellung, dass »80 Prozent der amerikanischen Importe aus dem Ausland kommen«.
Ja, es ist wieder die Saison, in der bunt verpacktes Terrorspielzeug und »amerikanisch-patriotische« Spiele unterm Weihnachtsbaum von leuchtenden Kinderaugen entdeckt werden. Selbst das kapitalistischste Spiel aller Zeiten, »Monopoly« hat sich in seiner neuesten, in den USA auf den Markt gebrachten Version - historisch korrekt - zu einem Spiel für junge und alte Imperialisten gewandelt. Gekauft und gehandelt werden nicht mehr Nobelgrundstücke, sondern jetzt wird um US-Militärbasen rund um die Welt gewürfelt, die es zu erobern gibt. Statt Monopoly-Geld bekommen die Spieler Soldaten, mit deren Leben sie - natürlich rein spielerisch - bei den Eroberungszügen spekulieren. Für jeden amerikanischen »Patrioten« mit Selbstrespekt, der seine Kinder spielerisch auf die Zukunft vorbereiten will, ein ideales Geschenk. Dank George Bush fühlen sich alle wahren amerikanischen »Patrioten« von den »liberalen« Zwängen, die früher den amerikanischen Alltag bestimmt hatten, befreit. Und sie können sich nun ganz ohne Schuldgefühle zu den »echten« nationalen Werten AMERIKAS bekennen, was zunehmend andere Amerikaner verschreckt und über das Auswandern nach Kanada oder sonst wohin nachdenken lässt.
Der britische »Daily Mirror« hatte am Tag nach der Wiederwahl George W. Bushs auf der Titelseite in Großformat die Frage gestellt: »Wie können 58954089 Menschen so dumm sein?« Laut einer am 14. Dezember bekannt gewordenen Umfrage werden in Frankreich, Deutschland und Spanien die Amerikaner inzwischen fast genauso tief verachtet wie ihr Präsident.
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