Um den berühmten Säugling versammelt

Die Weihnachtsgeschichte im Galli Theater hält nicht, was sie verspricht

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Die biblische Geschichte von der Geburt Jesu kennt man vor allem als Krippenspiel aus Kindergärten, Kitas und natürlich Kirchen. Nun hat sich das Galli Theater der Story angenommen, um sie »in zauberhaften Bildern voller Sinn, Freude und Liebe« (Eigenwerbung) als Stück für die ganze Familie zu präsentieren. Ein Anspruch, dem das hauptsächlich aus Laien bestehende Ensemble leider nicht gerecht zu werden vermag. Es lässt sich schon darüber streiten, ob die Geschichte um die Geburt des berühmtesten Säuglings aller Zeiten überhaupt für die Bühne geeignet ist: Dialoge kommen im Original überhaupt nicht vor, dafür gibt es ständig wechselnde Örtlichkeiten. Das Galli Theater will dem abhelfen, in dem es einige Gespräche erdichtet hat, Szenen hinzufügt und den Herkunftsort von Maria und Josef von Jerusalem nach Thüringen verlegt. Den Schauspielern soll das offenbar Gelegenheit geben, ihr komisches Talent zu entfalten. Da wird das unglückliche Paar, das dringend eine Übernachtungsmöglichkeit sucht, in breitem Thüringer Dialekt beziehungsweise in norddeutschem Slang abgewiesen. Bis endlich ein kleines Mädchen Erbarmen hat und den beiden die Hütte ihres Onkels anbietet, wo die schwangere Maria dann glücklich gebären kann. Besonders witzig sind die Szenen leider nicht geraten und vor allem nicht auf den Humor von Kindern zugeschnitten, an die sich das Theaterstück in erster Linie wendet. Kein Wunder also, dass viele der kleinen Besucher bereits nach der Hälfte der nur 45 Minuten langen Inszenierung recht unruhig auf ihren Stühlen herumrutschen. Auch wirken die Darsteller durchweg sehr hölzern. Klar, dass man an Laien nicht die selben Anforderungen stellen kann wie an professionelle Darsteller. Mehr als einen Gesichtsausdruck aber sollte schon zur Verfügung haben, wer auf der Bühne in andere Figuren schlüpft. Recht unmotiviert scheinen auch die kurzen Einlagen in Bauchtanz, Rockmusik und Akrobatik. Mit der Story haben sie nichts zu tun, eher wirkt es so, als ob jeder Darsteller kurz mal zeigen will, was er oder sie sonst noch kann. Lustig geraten ist lediglich der Auftritt von Kaiser Herodes, der hier als grausames Muttersöhnchen gezeigt wird, der mit Geld und Macht sonstige Unzulänglichkeiten zu kompensieren versucht. Niedlich auch einige in Felle gehüllten Kinder als mähende Schafe. Trotzdem eine insgesamt eher überflüssige Vorstellung, nach der man sich direkt zurück sehnt nach dem guten alten Krippenspiel. 23.12., 10 Uhr, 24.12. 15 Uhr, Galli Theater, Oranienburger Straße. 32, Mitte, Tel.: 27596973
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