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Berlin zahlt nicht für Eigentum 2000

Marzahner Wohnungsbaugenossenschaft vor dem Aus/Vorstand hofft auf Fusion

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Wohnungsbaugenossenschaft »Eigentum 2000« in Marzahn erhält vom Land Berlin keine Finanzhilfen mehr. Darüber waren sich die Abgeordneten im Hauptausschuss, der gestern zu einer Sondersitzung zusammen kam, weitgehend einig. Damit droht dem Wohnungsunternehmen die Insolvenz. Über die Rettungsaktion wurde nicht mehr abgestimmt, da bereits Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) seine Unterstützung für eine Vorlage der Stadtentwicklungsverwaltung zurückgezogen hatte. Vor zwei Wochen hatte die Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vorgeschlagen, der angeschlagenen Genossenschaft 5,8 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, um das Aus zu vermeiden. Mittlerweile sollen aber mehr als zehn Millionen Euro dafür nötig sein. »Niemand konnte mit Sicherheit sagen, ob mit dieser Summe die Genossenschaft dauerhaft gesichert wäre«, begründete PDS-Haushälter Carl Wechselberg die Verweigerung der Mittel. Das 1999 gegründete Unternehmen hat bereits Kredite in Höhe von 50 Millionen Euro erhalten, für die Berlin bürgt. Damit konnte es seinerzeit auf Initiative des rot-grünen Senats 1210 Wohnungen von der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn kaufen - um diese vor der Insolvenz zu retten. Auch die Grünen wollten jetzt keine weiteren Mittel in die Genossenschaft pumpen. »Andernfalls wäre ein Präzedenzfall geschaffen worden, der andere Genossenschaften zur Nachahmung ermuntert hätte«, so Finanzexperte Jochen Esser. Für Berlin könnte die Verweigerung weiterer Gelder trotzdem teuer werden. Bei einer Insolvenz würden die Landesbürgschaft fällig, schlimmstenfalls in Höhe von 29 Millionen Euro. Nach den Erfahrungen mit dem Tempodrom ist Wechselberg aber ein »Ende mit Schrecken« lieber. Im Insolvenzfall gelte es, einen Weg zu finden, die sanierten Bestände nicht einfach zu verschleudern und den Schaden für Berlin möglichst gering zu halten. Den Schaden hätten vor allem auch die 910 Genossenschaftsmitglieder. Während sich für die Mieter nichts ändert, wären ihre Einlagen futsch. Dabei geht es um Summen zwischen 600 und 1100 Euro. Doch die Genossenschaft sieht sich noch nicht am Ende. »Wir können vorerst weiter unsere Rechnungen bezahlen und arbeiten an Lösungen, um die Überlebensfähigkeit der Genossenschaft zu sichern«, sagt Vorstand Horst Riese. Solche Lösungen könnten Umfinanzierungen oder die Fusion mit anderen Genossenschaften sein. Riese weist den Vorwurf zurück, der Genossenschaftsvorstand habe schlecht gearbeitet. »Das Problem sind nicht Verwaltung oder Vermietungsstand, sondern der damals gezahlte hohe Kaufpreis und die Sonderzahlung an die Investitionsbank Berlin.« Von den Genossen erfuhr der Vorstand, der erst seit 2002 im Amt ist, Rückenstärkung. Trotz der kritischen Situation wurde ihm am Dienstagabend das Vertrauen ausgesprochen. Nach Ansicht von Wechselberg ist die schlechte Lage der Genossenschaft zum Teil selbst verschuldet. »Sie steht wesentlich schlechter da als andere Genossenschaften, die ebenfalls Bestände der Wohnungsbaugesellschaft Marzahn übernommen haben.« Allein die Personalkosten seien zweieinhalbmal so hoch. Die PDS-Fraktion habe deshalb kein Vertrauen in das Sanierungskonzept der Genossenschaft.
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