nd-aktuell.de / 03.04.1997 / Politik / Seite 2

Mobutu-Gegner

Etienne Tshisekedi

Mobutus langjähriger Gegenspieler (64) wurde vom Übergangsparlament in Kinshasa zum Premier Zaires gewählt.

Foto: Reuter

Der neue zairische Premier Etienne Tshisekedi kann im umkämpften Bürgerkriegsland am Kongo leicht zwischen alle Stühle geraten. Während Mobutus Leute Zustimmung zur Wahl ihres politischen Gegners signalisierten, wollen die Rebel-

len nichts mit »dem letzten Ministerpräsidenten Mobutus« zu tun haben. Tshisekedi, Chef der wichtigsten Oppositionspartei Union für Demokratie und sozialen Fortschritt (UDPS), stand zunächst viele Jahre lang im Lager des Diktators. Schon in der von Mobutu 1960 eingesetzten Regierung war er Justizminister, obwohl er noch nicht einmal sein Jurastudium beendet hatte. Später wurde er gar Generalsekretär von Mobutus Einheitspartei MPR.

Ende 1980 verließ Tshisededi indes nach persönlichen Querelen das Mobutu-Lager und gründete die UDPS. Während der 80er Jahre wurde er mehrmals verhaftet und zu Gefängnisstrafen verurteilt. Nach Aufhebung des Parteienverbots 1990 galt die UDPS als hoffnungsvollste Oppositionspartei. Von der damals gebildeten Nationalkonferenz wurde Tshisekedi bereits 1991 und 1992 zum Premier gewählt. Mobutu weigerte sich jedoch jeweils, ihn zu bestätigen, und da es dem Staatschef gelang, die Opposition zunehmend aufzuspalten, ist ihre Stellung stark geschwächt. Davon zeugt, daß nach der jüngsten Kabinettsumbildung im Dezem-

ber auch die von Tshisekedi angeführte »radikale Opposition« mehrere Minister in der inzwischen auf 47 Ressorts angewachsenen Regierung stellt.

Tshisekedi ist einer der wenigen zairischen Politiker, die sich während der Übergangszeit nicht von Mobutu korrumpieren ließen, aber dennoch war seine Partei im Prinzip systemstabilisierend, da sie sich trotz der zahlreichen Verfassungsbrüche Mobutus ausschließlich auf die parlamentarische Arbeit verließ. Da es Mobutu bisher verstanden hat, die Kontrolle über das Budget und die Sicherheitskräfte in seiner Hand zu behalten, sind die Gestaltungsmöglichkeiten des Ministerpräsidenten gering. Die Chancen für eine Verhandlungslösung mit den Rebellen dürften durch Tshisekedis Ernennung allerdings trotz deren Widerworte gestiegen sein. Wie Rebellenführer Kabila ist er Angehöriger der Luba (wenn auch aus einem ganz anderem Landesteil) und hat als einer der ersten zairischen Politiker direkte Gespräche mit den Aufständischen gefordert.

Peter Böhm