Verfassungsschutz sucht Langohren
Atomkraftgegner soll Informationen sammeln Hessen Von Reimar Paul, Göttingen
Beamte des hessischen Verfassungsschutzes haben versucht, einen Kasseler Atomkraftgegner für Spitzeldienste anzuwerben.
Was sich wie eine Räuberpistole anhört, ist jetzt einem Atomkraftgegner in Kassel passiert. Am Nachmittag des 20. März, so der betroffene Max T. (Name geändert), hätten zwei Männer an seiner Haustür geklingelt, sich auch gleich als Verfassungsschützer zu erkennen gegeben. Sie fragten T., ob er sich nicht einmal mit ihnen unterhalten wolle. Ein Spaziergang wurde vereinbart. Wie sich herausstellte, wollten die Geheimdienstleute Informationen über die linke Szene, ihre Strukturen und über Gruppenzusammenhänge. In der Szene gebe es doch auch Gewaltbereitschaft, zum Beispiel würden Oberleitungen beschädigt. Mit solche Aktionen ziehe man Unschuldige in Mitleidenschaft. Auf seine Frage, wie sie sich denn kon-
kret eine Mitarbeit vorstellten, erklärten die Herren aus Wiesbaden, T. solle »ganz normal« weiterleben, seine Kontakte zur Szene intensivieren, Informationen zusammentragen und diese dann an den Verfassungsschutz weitergeben. Natürlich gebe es dafür Gegenleistungen. Die seien in verschiedenster Form denkbar, auch als Bezahlung. Um die Höhe des Honorars brauche sich T. keine Gedanken zu machen, das sei schon angemessen. Außerdem würden auch Spesen und Telefonkosten übernommen.
Der Spaziergang näherte sich seinem Ende, T. lehnte jeden weiteren Kontakt ab, zuvor hatte er die beiden Verfassungsschützer fotografiert. Die waren verblüfft und zogen ab.
Zwei' Tage später schickten die Geheimdienstleute ein Päckchen. »Ich öffnete es vorsichtshalber im Garten, mit Besenstiel und Rechen«, sagte T. »Darin war ein Schokoladenosterhase und eine Postkarte mit der Frage, ob ich meinen Spaß gehabt hätte. Und wenn mein Foto gelungen sei, solle ich ihnen doch bitte einen Abzug schicken.«
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