nd-aktuell.de / 03.04.1997 / Politik / Seite 8

Pinochet geht 1998

Präsident Frei will »autoritäre Enklaven« abschaffen Von Willi Israel, Montevideo

Nun ist es amtlich: General Pinochet wird spätestens bis März nächsten Jahres von seinem Posten als Armee-Oberbefehlshaber zurücktreten.

Der 81jährige befehligte die Streitkräfte 24 Jahre, davon 17 als Chef der blutigsten Diktatur Südamerikas. Das Militär stürzte im September 1973 die Regierung der Unidad Populär, ließ den Präsidentenpalast bombardieren und Präsident Salvador Allende ermorden. Tausende Patrioten wurden danach von der Soldateska Pinochets ermordet,

gefoltert und von Militärgerichten zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt. Eine gute Nachricht für das leidgeprüfte chilenische Volk also, das 1990, als die Militärs die Regierung an den Christdemokraten Patricio Aylwin übergaben, nicht verhindern konnte, daß die Putschisten den Übergang zu demokratischen Verhältnissen unter ihre Kontrolle brachten.

Nach einer Verfassungsreform sollten acht Senatoren von den konservativen Parteien ernannt, also nicht gewählt werden, um so eine Hürde für eine progressive Entwicklung zu bilden. Jetzt will Präsident Eduardo Frei diesem undemokratischen Zustand, der seit 1990 zu permanenten Spannungen zwischen den Militärs und der Zivilregierung geführt hat, ein Ende setzen. Dem Parlament läge be-

reits ein Antrag zur Verfassungsänderung vor, der auch von einem Teil der rechten Partei der Nationalen Erneuerung unterstützt werde, erklärte ein Sprecher der aus Christdemokratischer und Sozialistischer Partei gebildeten Regierungskoalition Concertacion Nacional. Damit würde ein wichtiger Schritt nach vorn gemacht - im Dezember sollen Parlamentswahlen stattfinden. Präsident Frei hatte in einer Ansprache zum dritten Jahrestag seiner Regierung erklärt, daß er nicht ruhen werde, bis die Demokratie in Chile von autoritären Enklaven, die die souveräne Volksvertretung einschränkten, befreit sei.

Der Staatschef muß nun unter fünf Generälen den Nachfolger Pinochets auswählen. Der bereitet unterdessen sein Ausscheiden aus der Armee mit einer Inspektionsreise in alle Militärregionen des Landes vor Das exakte Datum seiner Ablösung, so die führende chilenische Zeitung El Mercurio, stehe aber noch nicht fest. Das liege allein in den Händen Pinochets.