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Leuchttürme mit »Lokomotivfunktion«?

  • Lesedauer: 2 Min.

Kleine ostdeutsche Unternehmer wären glücklich, gleichermaßen beschenkt zu werden. Schon Siemens erhielt, als es sich im Landschaftsschutzgebiet Dresdner Heide ansiedelte, 1,3 Milliarden Mark aus öffentlichen Kassen, von weiteren Vergünstigungen, zum Beispiel

der Befreiung von Straßenausbaubeiträgen, gar nicht zu reden. Die große Summe öffentlicher Gelder wäre wegen der Synergieeffekte gut angelegt, hieß die Argumentation regierender Politiker.

Also wollte ich von der sächsischen Staatsregierung etwas über Zahl und Herkunft der Zulieferer für die Ausrüstungen der Siemens-Chipfabrik wissen. Die Antwort der Regierung: Etwa 30 kämen aus Sachsen, etwa 50 aus den neuen Bundesländern, etwa 350 aus den alten Bundesländern sowie etwa 100 von au-ßerhalb Deutschlands. Das war deutlich.

Weiter fragte ich nach den wertmäßigen Anteilen, die von Zulieferern von Ausrüstungen für die Chipfabrik erbracht wurden. Die Antwort: Etwa 5 Prozent stammten aus Sachsen, etwa 1 Prozent aus den neuen Ländern, etwa 49 Prozent aus den alten Bundesländern, etwa 45 Prozent von außerhalb Deutschlands. Das war noch deutlicher.

Ob die großzügige Schenkung von Fördermitteln, ob die Darlehen und Bürgschaften der öffentlichen Hand für Konzerne wie Siemens, AMD, Volkswagen sowie deren weitere Vorteile am Ende wirklich in eine selbsttragende ostdeutsche Wirtschaft münden, darf anhand solcher Fakten stark bezweifelt werden. Die Tatsachen deuten eher darauf hin, daß die Wirtschaft im Osten Deutschlands überflüssig gemacht wird.

In welchem Verhältnis zudem die hohen staatlichen Förderungen solcher Großunternehmen zu den Einnahmen stehen, die der öffentlichen Hand im Gegenzug erwachsen, liegt im Dunkeln, dies

wäre »Steuergeheimnis«, meint die Staatsregierung.

In Sachsen jedenfalls erhielten die wenigen Großunternehmen im Zeitraum von 1990 bis 1996 an staatlicher Förderung ca. 21 000 Mark pro Beschäftigten, die zahlreichen kleinen Unternehmen nur rund 15 000 Mark. Im Landeshaushalt 1997 gar bleibt für die kleinen und mittleren Unternehmen nach Abzug der Subventionen für die Elektronikriesen Siemens und AMD nur noch eine halbe Milliarde DM übrig. Diese Mittelverschiebung sei Ausdruck einer neuen Förderphilosophie, heißt es dazu aus dem Finanzministerium. Denn »Leuchttürme« wie Siemens, VW und AMD nähmen »Lokomotivfunktionen« für ihr Umland ein.

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