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Eisbären bissen sich die Zähne aus

1:3-Niederlage im vierten Halbfinalmatch gegen Kassel, das im Finale steht Von Jürgen Holz

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Verlierer von den Eisbären-Fans wie Sieger gefeiert

Foto: dpa

Es war so vieles ungewöhnlich an diesem vierten Halbfinalmatch zwischen den Berliner Eisbären und den Kassel Huskies am Dienstag in der mit über 4500 Zuschauern wiederum ausverkauften Eishalle im Sportforum. Noch vor dem Anpfiff wurde ein »Offener Brief« der Eisbären-Fans verlesen.

»Wir distanzieren uns aufs schärfste von solchen Elementen in unseren Reihen, die randalieren, bis hin zu sinnlosen Zerstörungen. Wir bedauern zutiefst die Vorkommnisse beim letzten Spiel«, heißt es darin. Es war die prompte Reaktion auf das Geschehen drei Tage zuvor in Kassel, als 30 angetrunkene Hooligans schon auf der Anreise in der Autobahnraststätte in Helmstedt randalierten, Ware stahlen und im Kasseler Stadion die Huskie-Fans anpöbelten. Der stürmische Beifall war eine akustische Zustimmung.

Obendrein lagen an den Fan-Ständen in der Halle Listen aus, wo sich später Hunderte von Fans einschrieben, um mit ihrer Unterschrift diesem »Offenen Brief« Nachdruck zu verleihen. Und überall hingen selbstgefertigte Fan-Tücher: »Wir sind EHC-Fans und keine Hooligans«.

Ungewöhnlich war auch der Auftritt

der Puhdys, der schon zu DDR-Zeiten beliebten Rockgruppe. Als »Alt wie ein Baum« erklang, bebte die Halle. Ein »Mann wie ein Baum« griff dann zum Mikrofon: Eisbären-Kapitän John-Peter Lee. »Macht unser Spiel nicht kaputt«, rief er den Fans aus beiden Lagern zu und erntete ein lautstarkes EHC-Echo, als er hinzufügte: »Wir gewinnen das Spiel heute und am Freitag.«

Lee ahnte nicht, daß es 45 Minuten später nach dem Schlußpfiff des ersten

Drittels 0:2 stehen würde. Denn die übernervös agierenden Eisbären wurden innerhalb einer Minute kurz vor dem Ende des ersten Durchgangs gleich zweimal von Kontern eiskalt getroffen.

Danach drehten die leidenschaftlich angreifenden Gastgeber auf. Powerplay nahezu zwei Drittel lang - die letzte Chance, um mit einem Sieg das fünfte Entscheidungsspiel um den Finaleinzug zu erzwingen. Doch die Eisbären bissen sich am überragenden Kasseler Torwart Pavel

Cagas die Zähne aus. Mehr als den 1.2-Anschlußtreffer ließ Cagas nicht zu. Das Tor der Huskies schien wie vernagelt. Als der 2:2-Ausgleich förmlich in der Luft hing, konterten die Hessen erneut und erzielten 76 s vor dem Ende das 3:1.

Damit zogen die Kassel Huskies mit drei Siegen (4:2, 6:3, 2:1) und einer Niederlage (4:5) nach den Mannheimer Adlern zum ersten Male in ihrer Vereinsgeschichte ins Finale ein. Finalauftakt ist am Sonntag in Mannheim. Gespielt werden maximal fünf Partien. Wer dreimal siegt, ist deutscher Meister

Nach dem Schlußpfiff spielten sich unglaubliche Freudenszenen ab - bei den Kasselern in der Kabine, bei den Eisbären auf dem Eis und auf den Rängen. Die 4500 feierten ihre Lieblinge mit Sprechchören und Gesängen, als hätten sie gesiegt und nicht verloren. Die Ehrenrunden des Teams nahmen kein Ende. Eisbären-Coach Ron Kennedy gestand: »So etwas habe ich noch nie in meiner Trainerlaufbahn erlebt, auch nicht in der nordamerikanischen NHL.«

EHC-Stürmer Lorenz Funk jun. machte sich zum Sprecher seines Teams: »Wir haben eine Supersaison gespielt und mehr erreicht, als wir vor der Saison überhaupt für möglich hielten. Eigentlich haben wir keinen Grund, traurig zu sein. Wir sind ja noch nie unter den vier Besten gewesen. Natürlich will man ins Finale, wenn man so dicht davor steht. Das hat ein Super-Keeper verhindert. Ein Riesen-Dank an unsere Fans!« Eigens für sie richtet der EHC Berlin am Freitag ab 18 Uhr eine Eis-Party im Sportforum aus...

Tore: 0:1 Ozellis (18.), 0:2 Eakin (20.), 1.2 Andrusak (32.), 1:3 Johnston (59.); Strafminuten: Berlin 10, Kassel 12 plus 10 Disziplinarstrafe.

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