Kinder sind größtes Armutsrisiko
Erster Familienbericht des Landes vorgestellt Jede fünfte Familie auf Sozialhilfe angewiesen Von Bernd Baumann
Die sozialen Belastungen für Familien haben nach der Wende enorm zugenommen. Daraus resultiere eine große Verunsicherung, die nur sehr langsam abgebaut wurde, beklagte gestern Sozialministerin Regine Hildebrandt bei der Vorstellung des ersten brandenburgischen Familienberichtes.
Zehn Prozent der Familien gelten als arm, rund 20 Prozent leben von Sozialhilfe. Besonders betroffen seien alleiner-
ziehende Mütter Kinder seien in der Bundesrepublik das größte Armutsrisiko.
Als Ausdruck der großen Verunsicherung nannte die Sozialministerin den enormen Geburtenrückgang um zwei Drittel von 1989 zu 1993. Zum Glück gebe es inzwischen wieder eine Zuwachsrate von gut 1000 Babys pro Jahr Laut Familienbericht sank die Anzahl der Eheschließungen von 21 151 im Jahr 1989 auf rund 8775 im Jahr 1995. Den Rückgang der Scheidungen von 8400 auf 1600 Anfang der 90er Jahre führte Frau Hildebrandt auf das komplizierte bundesdeutsche Recht und das ängstliche Bestreben vieler zurück, im persönlichen
Leben möglichst wenig zu verändern. 1995 stieg die Anzahl der Ehescheidungen wieder auf 3949.
Das Land unterstütze Familien im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten, betonte die Ministerin. Zentrales Anliegen sei die Verbindung von Familienleben und Erwerbstätigkeit. Lediglich ein Prozent der Frauen gebe sich laut Umfragen mit der Rolle als Hausfrau zufrieden. Das Kitagesetz sei trotz der gegenwärtigen Kritik seitens der Kommunen »bundesweit das beste überhaupt«. Im Westen bestehe lediglich ein Recht zur Betreuung der Drei- bis Sechsjährigen, und das auch nur für zwei bis drei Stunden. Dagegen haben Brandenburger Kinder einen Anspruch auf eine ganztägige Betreuung bis zum zwölften Lebensjahr Nur noch in Sachsen-Anhalt gebe es ähnliche fortschrittliche Regelungen.
Ebenso sei Brandenburg das erste Land, das Betriebe mit einem frauenfreundlichen Klima unterstütze. Die Ministerin nannte den 10 OOO-Mark-Scheck für Unternehmen, die eine alleinerziehende Mutter einstellen. Außerdem finanziere das Land die Stiftung »Familien in Not« mit jährlich zehn Millionen Mark.
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