nd-aktuell.de / 20.06.1997 / Politik / Seite 3

Steuerfrei bis 17 000 DM?

Dr. Hartmut Tofaute

? Halten Sie das PDS-Einkommensteuerkonzeptfür praktikabel?

Es ist ähnlich angelegt wie das der anderen Parteien. Man will die Steuersätze senken und die Steuerausfälle durch eine Reihe von Maßnahmen gegenfinanziereri. Die Gewerkschaften haben immer gesagt, daß wir uns angesichts der kritischen Situation bei den Staatsfinanzen Nettosteuersenkungen größeren Ausmaßes nicht leisten können. Bei der PDS bleibt ein nicht gedeckter Rahmen von 10 bis 15 Milliarden. Das ist deutlich weniger als bei der Regierung mit ca. 50 Milliarden Mark und insofern praktikabler.

? Aber mehr, als tragbar wäre?

Eine Nettosteuerentlastung ist generell problematisch. Allerdings können wir die Steuerstruktur so umgestalten, daß sich bei Einkommensbeziehern bis zu 100 000 DM Entlastungen ergeben sollten. Diese gehen in den Konsum; und Sie wissen, daß die hohe Arbeitslosigkeit auch durch die inländische Nachfrageschwäche zustande gekommen ist.

? Die PDS-Vorschläge gehen also in die richtige Richtung?

Dem Erfordernis, die private Nachfrage durch steuerliche Entlastungen der Arbeitnehmereinkommen anzuregen, kommen alle von der Opposition entworfenen Reformkonzepte besser nach als der Regierungsentwurf.

? Wie sehen Sie die PDS-Idee, das steuerfreie Existenzminimum zu erhöhen?

Die PDS möchte dieses von derzeit etwa 12 000 DM auf 17 000 DM bis zum Jahr 2000 erhöhen. Das setzt aber voraus, daß die Einkommen in den nächsten Jahren stark steigen müssen, denn Sozialhilfe und steuerliches Existenzminimum sind eng miteinander verknüpft. Dies scheint mir aber unrealistisch zu sein; der DGB rechnet damit, daß man das Minimum im Jahr 2000 auf 15 000 DM festsetzen kann. Der Unterschied zum PDS-Vorschlag macht übrigens eine zweistellige Milliardensumme aus, die anderweitig gedeckt werden muß.

? Was halten Sie von dem Vorschlag, kleine Unternehmen mit geringem Eigenkapital stärker zu entlasten?

Ich bin mir nicht sicher, ob man das alles über Steuern machen soll. Da gibt es auch andere Wege, z. B. direkte Förderung. Im Prinzip sind wir dafür, die kleineren und mittleren Unternehmen sowie das Handwerk stärker zu fördern, weil hier mehr für Ausbildung getan wird als in größeren Unternehmen.

Fragen: Kurt Stenger