Eine Gruppe Einwohner des Nordseebades St. Peter-Ording will durch ein Bürgerbegehren die schon beschlossene Umbenennung des »Gustav-Frenssen-Weges« stoppen. Die Abstimmung soll am 30. November 1997 stattfinden.
Gustav Frenssen aus Barlt in Dithmarschen war durch seinen Blutund Bodenroman »Jörn Uhl« vor allem bei einer nationalistischen Leserschaft zu großem Ansehen gekommen. Als Vorläufer der Nazi-Kulturpolitik hatte er, von Beruf Pfarrer, mit seinem Buch »Der Glaube der Nordmark« 1936 einen »germanischen Gottglauben« propagiert. Deutsche Christen sollten sich vom »germanischen Gewissen« als »wahrer Stimme Gottes« zum »Herrenmenschentum« leiten lassen. Er trat für die Ausmerzung der Juden und der Behinderten ein.
1937 schilderte er in einem fiktiven »Tagebuch der Amtmannschaft Wittschild aus dem Jahre 2003« die Praxis der Euthanasie: »Heute ist der neugeborene Sohn des Bauern Tees im Krankenhaus in Meldorf, nach gemeinsamen Beschluß des Kreisrichters, des Kreisarztes, des Vaters und meiner, vom Leben zum Tode gebracht, da er, wie die Kopfform erwies, am Gehirn ein Krüppel war. Schon vor hundert Jahren waren von zehn Leuten sieben der Ansicht, daß diese
Kranken getötet werden müßten; aber obwohl es so stand, geschah dennoch weiterhin, was die drei anderen, die Bangen, die Kümmerlinge und Schiefen lispelten. Jetzt geschieht, und nun schon seit achtzig Jahren, im ganzen Lande und in allen Dingen, was die sieben anderen für richtig halten, die Gesunden, Hellen, Lebensgläubigen und Tatenfrohen.« Von den Nazis wurde er mit vielen Preisen geehrt, von der Theologischen Fakultät der Universität schon 1933 zum Ehrendoktor ernannt.
Vier Jahrzehnte nach dem Ende der Naziherrschaft wurde in Hamburg-Blankenese die Gustav-Frenssen-Straße in Anne-Frank-Straße umbenannt. Elmshorn, Schleswig und Eckernförde löschten ebenfalls den Straßennamen Gustav Frenssen. Im Februar 1997 beschloß auch die Gemeindevertretung von St. Peter-Ording, gegen die Stimmen der CDU, den 1972 nach Gustav Frenssen benannten Weg umzubenennen.
Darauf sammelte eine Bürgerinitiative mehr als 500 Unterschriften für die Beibehaltung des Namens »Gustav-Frenssen-Weg« und beantragte ein »Bürgerbegehren«. Der Gemeinde und den dort lebenden Bürgern sei durch diesen Stra-ßenamen kein »nachweisbarer Schaden« entstanden. Dagegen Wendet sich eine »Interessengemeinschaft gegen die Beibehaltung des Namens »Gustav-Frenssen-Weg«. St. Peter-Ording dürfe nicht in den Ruf eines »Nazi-Bades« geraten.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/669095.burgerbegehren-gegen-strassenumbenennung.html