nd-aktuell.de / 26.08.1997 / Politik / Seite 5

länger in Vergessenheit

Internationale Frauengruppe arbeitete in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück Von Renate Feldmann

vom 9. bis 23. August beschäftigten sich 16 Frauen aus Polen, Katalonien, Frankreich, Italien, Weißrußland, Schweden und Deutschland in Ravensbrück mit der Geschichte des Mädchenkonzentrationslagers »Uckermark«.

Wir gingen zu Fuß von Ravensbrück nach >Uckermark<, wir wünschten uns, daß es ein so schöner Ort sei, wie er aussah, aber das erwies sich als Illusion ...«, erinnert sich Stanka Simoneti, eine Überlebende des »Mädchen-KZ Uckermark«.

»Uckermark« war ein KZ für sogenannte »asoziale« Mädchen. Es wurde von den Nazis zynisch »Jugendschutzlager« genannt. Die Mädchen brachte man dorthin, weil sie sich nicht in die Ideologie der »Volksgemeinschaft« einfügten. Vom Juni 1942 bis April 1945 waren mehr als 1000 Mädchen - offiziell im Alter von 16 bis 21 Jahren, viele jedoch jünger unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert. Sie mußten auf Bauernhöfen oder in den Siemens-Werken arbeiten, innerhalb des Konzentrationslagers Holz

hacken und Spielzeug für Kinder von SS-Soldaten produzieren.

Mit Hilfe der Überlebenden des Lagers Stanka Simoneti und Silvia Munda sammelte die internationale Frauengruppe jetzt Informationen und trug die wenigen existierenden Dokumente zusammen. Die beiden Zeitzeuginnen wurden 1944 im Alter von 15 Jahren festgenommen und nach »Uckermark« deportiert. Sie kamen aus dem slowenischen Widerstand gegen die deutsche Annektierung und wurden 1945 befreit. Das »erzieherische« Ziel des Lagers war es nach ihren Berichten, den Stolz der Mädchen zu »brechen«, damit sie »gute Nazifrauen« werden.

Nach der Befreiung wurde »Uckermark« als »Erziehungslager für asoziale Jugendliche« heruntergespielt und verharmlost. Die Aufseherinnen und andere Verantwortliche wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Die meisten ehemaligen Häftlinge erhielten keine finanzielle Entschädigung und wurden nicht als politisch Verfolgte anerkannt.

Die internationale Frauengruppe will jetzt die Geschichte des ehemaligen »Mädchen-KZ Uckermark« öffentlich machen und sich für die Anerkennung der ehemaligen Häftlinge als politisch Verfolgte einsetzen. Auf dem »Uckermark«-Gelände soll eine Gedenkstätte entstehen.