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Medienspektakel unter dem Funkturm

Vom 30. August bis zum 7. September steht Berlin im Rampenlicht der Unterhaltungsindustrie Von Rüdiger Voßberg

  • Lesedauer: 3 Min.

Stars und Sternchen plaudern, singen und tanzen neun Tage lang live und in Farbe vor den Kameras und Mikrophonen der knapp 70 vertretenen Fernseh- und Hörfunkstationen. Das Platzangebot des Messegeländes hat sich im Vergleich zu 1995 um ein Viertel auf nunmehr 130 000 Quadratmeter vergrö-ßert. Weit über 800 Aussteller aus ca. 30 Ländern werden vom Veranstalter der Internationalen Funkausstellung, der Gesellschaft für Unterhaltungselektronik (gfu), in den Hallen unter dem Berliner Funkturm erwartet. Mit mehr als 450 000 Besuchern rechnet die gastgebende Messe Berlin.

Darum sei der IFA-Neuling gewarnt: Dröhnende, zentnerschwere Lautsprecherskulpturen, gepaart mit nostalgieträchtiger Röhrentechnik, Plattenspieler-Kunstwerke aus transparentem Acryl und glänzendem Chrom, Hunderte von Fernsehgeräten, aufgeschichtet zu bizarr flirrenden Wänden sowie hektische Lasershows können die fünf Sinne nach Stunden der Berieselung zermalmen.

Die Funkausstellung hat sich in den vergangenen Jahren von der Spezialmesse für Unterhaltungselektronik zu einer Leistungsschau für die Telekommunikations- und Informatikbranche erweitert. Die fortschreitende Digitalisierung der Medientechnik läßt das Innenleben von CD-Player, Verstärker oder Videorecorder einem Computer immer ähnlicher erscheinen. Werden auch bald Fernsehgerät und Computer zu einem Gerät verschmelzen?

Um das Internet mit der Fernsehmacherwelt zu verbinden, wird man bei SAT 1 sechs sogenannte Webcams in der VIP-Lounge und auf einer Publikumsbühne installieren. Unter www.satl.de können die Netz-Voyeure den Promis dann hinter das Make up schauen. Aber auch Programminhalte zeigt der Privatsender im Internet: Allabendlich wird Harald Schmidt ab 20 Uhr live mit seiner »Late Night Show« online gehen und drei Stunden vor der TV-Ausstrahlung über den PC-Monitor flimmern. Auch bei DF1 stehen sechs der Miniaturkameras, um den Messestand ins Internet zu projizieren. Die Allianz von ZDF und Microsoft steckt beim Spurt auf die Datenautobahn nicht zurück und bietet unter dem Label »ZDF-MSNBC« in der Telekom-Halle einen Online-Nachrichtendienst an.

Daß digitales Fernsehen nicht nur im Internet und über Satellit übertragen werden kann, sondern auch über terrestrische Antennen, soll die Premiere von Digital Video Broadcast-Terrestric (DVB-T) deutlich machen: Insgesamt 12 Programme werden vom Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz digital ausgestrahlt. »Digital Free TV« heißt das Schlagwort für gebühren- oder werbefinanzierte Programmangebote, die unverschlüsselt ausgestrahlt werden und somit für jeden ohne zusätzliche Entgelte an Dienstanbieter frei empfangbar sind. So werden ARD und ZDF auf der IFA den Pilotbetrieb für das digitale Fernsehen aufnehmen.

Unter dem Motto »Interaktion mit der Zukunft« zeigen europäische Institutionen aus Wissenschaft und Medientechnik zahlreiche Zukunftsprojekte, die mittelfristig Marktreife erreichen können. In

diesem Jahr steht der digitale Hörfunk »Digital Audio Broadcasting (DAB)« und das digitale Fernsehen »Digital Video Broadcasting (DVB)« im Mittelpunkt. Datenschutzaspekte bei den interaktiven Anwendungen »homeshopping« und »homebanking« diskutieren Fachleute auf verschiedenen Kongressen, Seminaren und Symposien. Rund vier Milliarden Mark geben die Bundesbürger jährlich für die Unterhaltungselektronik aus. Dabei stagniert der Umsatz der Branche auf dem Niveau von 1989, obwohl seitdem sechs Millionen Haushalte hinzugekommen sind. 15 Prozent des Umsatzes entfallen auf High-End-Produkte - Tendenz steigend. Die teuerste Stereo-Anlage auf der IFA kostet schlappe 1,2 Millionen Mark. Doch wovon träumt der Kunde mit schmalerem Geldbeutel?

Vielleicht vom ersten Mobiltelefon, das ohne Modem oder PC auf das Internet zugreifen kann. Oder vom Minifernseher für die Küche, der auch mal einen Fettoder Wasserspritzer verkraftet. Ideal für die »Bio«-Fans, die Alfred Bioleks Rezepte gleich vor der Glotze nachkochen möchten.

Sony widmet sich der digitalen Fotografie und stellt eine Standbildkamera vor, die das Abspeichern der Bilder als JPEG (Joint Photographic Experts Group)-Datei auf einer normalen 3,5 Zoll-Diskette erlaubt.

Die Messe findet vom 30. August bis zum 7 September statt. Aktuelle Informationen zur Messe gibt es unter der Telefonnummer: (0190) 57 51 56. Und wer nicht zur IFA kommen kann, surft per Mausklick über www.ifa-berlin.de ins turbulente Messegeschehen. Einfach multimedial.

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