nd-aktuell.de / 26.08.1997 / Politik / Seite 15

Erst die Partei, nun das Kapital

Manche schreiben heute so einfach, daß die bürgerlich-demokratischen Freiheiten weitaus größer sind als Demokratie und Freiheit zu DDR-Zeiten. Dazu kurz meine Meinung: Alles ist eine Machtfrage, früher wie heute. Als Transportarbeiter bei der Bundesbahn mußte man ein öffentliches Gelöbnis auf das Grundgesetz der BRD ablegen (bei mir nachzulesen). Wer das nicht unterzeichnet hat, war, auch als Transportarbeiter, nicht mehr tragbar. Solche Beispiele lassen sich heute beliebig auch aus .anderen Betrieben und Einrichtungen heranziehen. Meinungen in Betrieben sind nicht gefragt. Hier hat man nur die Freiheit, ruhig und froh zu sein, noch Arbeit zu haben. Menschen, die gegen das Grundgesetz sind, werden ausgegrenzt, überwacht und wenn nötig, eingesperrt. Ja, selbst wenn man für das Grundgesetz eintritt, ist das nicht immer einfach. Die Praxis belegt, wir leben in einer Demokratie und Freiheit, die für die »einfachen« Menschen nur soweit möglich sind, wie es die Macht des Kapitals erlaubt.

Karl-Heinz Ziegenrücker Berlin