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Leserbrief nach 51 Jahren

  • Lesedauer: 2 Min.

In Ihrer Zeitung vom 30. 8.1946 wird vermerkt, daß eine Bürgermeisterin namens »Fengler« Großartiges zur Nachkriegsentwicklung des Ortes Parey/ Elbe, Sachsen-Anhalt, geleistet hätte. Ihr wird große Initiative nachgesagt, insbesondere in Zusammenarbeit mit der damaligen Besatzungsmacht, der Roten Armee; die Sprechstunden der Bürgermeisterin seien stets überfüllt. Der gesamte Bericht skizziert jedoch eine Bürgermeisterin in Parey, die es mit diesem Namen nie gab. Es ist daher kein Wunder, daß sich ältere Bürger heute immer noch fragen, wer denn diese Bürgermeisterin Fengler gewesen sei? Allerdings gab es eine Bürgermeisterin zur gleichen Zeit in diesem Ort, der auch heute noch gern gedacht wird. Diese hieß jedoch nicht »Fengler«, sondern Görzen. Es war meine Mutter, auf die ich heute noch stolz bin. Der Leser fragt sich nun, warum Ihre Zeitung einen falschen Namen einsetzte. Heute kann ich darüber sprechen: Meine Mutter und ich, damals 15 Jahre alt, wurden im Herbst 1946 vom sowjetischen MWD unter dem Vorwurf verhaftet, gegen die sowjetische Besatzungsmacht tä-

tig gewesen zu sein. Meine Mutter und ich wurden zu langjähriger* Lagerhaft verurteilt und blieben bis 1955 in Sibirien in Haft. Auch danach durften wir nicht wieder nach Deutschland zurückkehren. Meine arme Mutter verstarb 1989 in der damaligen Sowjetunion. Heute ist mir klar, warum in Ihrer Zeitung aus der tüchtigen Bürgermeisterin Görzen eine nie existierende Frau Fengler wurde.

Dr Viktor Görzen 10783 Berlin

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