nd-aktuell.de / 26.02.2005 / Reise

Heiraten mit Jean Cocteau

Kunst und Kultur haben an der Côte d'Azur das ganze Jahr Saison

Wolfgang Weiß
Wenn ein Franzose den Namen Menton hört, gerät er unweigerlich ins Schwärmen. Die kleine Stadt an der Grenze zu Italien hat ein ganz besonderes Flair. Ausläufer der Alpen umgeben den Ort am östlichen Ende der Côte d'Azur wie ein Amphitheater. In ihrem Schutz sinken die Temperaturen nie unter fünf Grad. In dem milden Klima gedeihen sogar tropische und subtropische Pflanzen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden in und um Menton aristokratische Paläste und luxuriöse Villen inmitten von Parkanlagen, die in Frankreich ihresgleichen suchen. Dazu gehört zum Beispiel die Villa Maria Séréna, deren Baupläne der Architekt Charles Garnier (Pariser Oper) für seinen Freund Ferdinand de Lesseps, den Erbauer des Suez-Kanals, angefertigt hat. Der anderthalb Hektar große Garten des Anwesens soll das mildeste Klima in ganz Frankreich besitzen. Hier wachsen in einer gepflegten Anlage Palmen unterschiedlichster Arten und botanische Raritäten wie der Drachenbaum - einer von drei, die in Europa unter freiem Himmel gedeihen. Von dem auf einem Hügel terrassenförmig angelegten Park ergibt sich ein fantastischer Blick auf das Mittelmeer, die Altstadt von Menton und die anderen Gärten und Grünanlagen, die eine Fläche von insgesamt 560 Hektar einnehmen. »La perle de la France«, die »Perle Frankreichs«, wie Menton genannt wird, ist auch eine Kunst- und Kulturstadt. In einer aus dem 17. Jahrhundert stammenden kleinen Festungsanlage hat sich hier der Dichter und Maler Jean Cocteau ein Denkmal gesetzt. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Tapisserien, Mosaike dokumentieren die Vielseitigkeit des Künstlers. Viele Fotos und andere Dokumente geben Einblicke in das zum Teil sehr bewegte Privatleben. Das Rathaus von Menton beherbergt ein weit über die Grenzen Frankreichs hinaus bekanntes künstlerisches Kleinod, den Hochzeitssaal. Er wurde von Cocteau in den Jahren 1957/58 komplett mit pastellfarbenen Fresken ausgestaltet. An den Wänden sowie an der Decke findet man Szenen aus der Mythologie und aus dem Leben einfacher Menschen an der Côte d'Azur. Heute melden sich Hochzeitspaare aus der ganzen Welt, um im Cocteau-Saal den Bund fürs Leben zu schließen. Auch in dem zwischen Monaco und Nizza gelegenen pittoresken Badeort Villefranche-sur-Mer hat der Künstler Spuren hinterlassen. In der aus dem 14. Jahrhundert stammenden Kapelle St. Pierre setzte Cocteau seinen Freunden, den Fischern, ein bleibendes Denkmal. Er schmückte das romanische Gotteshaus u.a. mit Motiven aus dem Lebensweg des Apostels Petrus, des Schutzheiligen der Fischer, aus. Gegenüber, im berühmten »Welcome«, einem zum Hotel umgebauten ehemaligen Konvent aus dem 17. Jahrhundert, hat Jean Cocteau in den zwanziger Jahren einen seiner schwierigsten Lebensabschnitte verbracht. Nach dem plötzlichen Tod seines Freundes Raymond Radiguet igelte sich der Künstler im Hotel ein, nahm Drogen und malte beunruhigende Selbstporträts. Hier schrieb er aber auch »Orphée« und große Teile des »Oedipus Rex«. Fast nebenan, am Cap d'Ail, schuf Cocteau in den Jahren 1958 bis 1963 einen künstlerisch und spirituell bemerkenswerten Kulturkomplex in Form eines antiken Amphitheaters, das Mediterrane Zentrum. Die Côte d'Azur mit ihrem besonderen Licht hat schon immer auf Künstler eine große Faszination ausgeübt. Hier lebten und arbeiteten Renoir, Monet, Sisley oder Signac. Bonnard und Matisse ließen sich an dieser Küste nieder. Ihnen folgten nach dem 2. Weltkrieg Picasso, Chagall, Sutherland oder Leger. In und um Nizza arbeitet heute die Künstlergruppe der Neuen Realisten, für die Namen wie César, Arman oder Yves Klein stehen.
Infos: Maison de la France oder www.guideriviera.com Maison de la France, Tel.: (069)975801-0, www.franceguide.com