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Warnung der Postler

Widerstand gegen Angriff auf das Briefmonopol Von Wolfgang Rex, Bonn

  • Lesedauer: 2 Min.

Das Postgesetz sollte am heutigen Donnerstag vom Bundestag nicht verabschiedet werden. Das forderten nach Angaben ihrer Gewerkschaft 45 000 Mitarbeiter der Post AG gestern in Bonn.

Während einer Großkundgebung vor dem Poppelsdorfer Schloß verlangten die Teilnehmer eine andere Politik in der Bundesrepublik. Wie bei ähnlichen Großveranstaltungen riefen Demonstranten im Chor: »Kohl muß weg!« Besonders stört die Postler, daß ihre Exklusivlizenz zur Briefbeförderung

mit dem neuen Gesetz beschnitten und später abgeschafft wird. Die Postmitarbeiter befürchten Umsatzeinbüßen von sieben Milliarden Mark. Das könnte zum Verlust von weiteren 70 000 Arbeitsplätzen führen. Der Vorsitzende der Postgewerkschaft, Kurt van Haaren, widersprach dem Argument, bei anderen Anbietern würden neue Arbeitsplätze entstehen. Die Postler befürchten, daß bei anderen Unternehmen vor allem Aushilfen für 610 Mark (im Osten 520 Mark) pro Monat eingestellt werden. Margret Mönig-Raane, Chefin der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, solidarisierte sich wie Vertreter anderer Gewerkschaften mit dem Widerstand der Postler.

Der Bundestag beschließt heute mit großer Wahrscheinlichkeit mit den Stim-

men von CDU, CSU und FDP das Gesetz. In diesem Fall sollte die SPD das Gesetz im Bundesrat kippen, fordert die Postgewerkschaft. Das versprach der stellvertretende SPD- Vorsitzende Johannes Rau den Versammelten. Demonstranten erinnerten daran, daß dies die SPD schon einmal versprochen und dann nicht gehalten hatte.

Tony Young, Chef der britischen Gewerkschaft für Kommunikation, berichtete, daß es auf der Insel gelungen sei, Privatisierungspläne für die Post zu stoppen. Nicht einmal in den USA ist die Post privatisiert worden. Pfarrer Dieter Kelp aus Duisburg-Rheinhausen betonte auf der Kundgebung, Deregulierung sei zum Lieblingwort derjenigen geworden, die den Sozialstaat beseitigen wollen. In einer Erklärung verwies PDS-Abgeordneter Gerhard Jüttemann auf einen Antrag seiner Gruppe im Bundestag. Darin wird gefordert, daß auch für Anbieter außerhalb der Post soziale Mindeststandards festgeschrieben werden.

Postminister Wolfgang Bötsch (CSU) wertete die gestrige Demo als politischen Streik. Die Proteste richteten sich gegen Gesetze, nicht gegen Tarifvereinbarungen. Zudem empörte den Minister, daß die Demonstranten während der Arbeitszeit auf die Straße gingen. Seite 3

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