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Wir waren immer Teil des Königreichs

David Trimble, Chef der Ulster Unionist Party

  • Lesedauer: 4 Min.

Der 1944 geborene Rechtsanwalt ist seit 1995 Vorsitzender der Ulster Unionist Party, der größten probntischen Partei Nordirlands.

Mitglied des britischen Unterhauses ist Tnmble seit 1990

Foto: Reuters

? Sie haben lange abgelehnt, gemeinsam mit Sinn Fein an den Friedensgesprächen teilzunehmen, jetzt tun Sie es plötzlich doch. Warum?

Wir sind weiter der Meinung, daß die Entscheidung der britischen Regierung, Sinn Fein an den Gesprächen zu beteiligen, falsch war Weil das immer noch eine terroristische Organisation ist, die Gewalt befürwortet. Aber wir haben uns entschieden, uns nicht aus den Gesprächen rausdrängen zu lassen. Die Zustimmung von Sinn Fein ist schließlich nicht notwendig für Fortschritte.

? Sie werden also mit den anderen Parteien versuchen, eine Lösung zu finden, ohne mit Sinn Fein zu sprechen?

Sinn Fein mag anwesend sein, aber wir werden mit den anderen Parteien Gespräche führen. Wenn Sinn Fein ins Gespräch kommen will, müssen sie zeigen, daß sie sich dem demokratischen Prozeß verpflichtet fühlen. Das ist aber im Moment nicht der Fall.

? Sie haben die Vorbedingung - Entwaffnung der Paramilitärs vor Gesprächsbeginn - aufgegeben

Natürlich wäre uns die Abgabe der Waffen vor Gesßrä,cjisbeginn lieher gewesen. Aber wir haben den Vorschlag der Mitchell-Kommission, vom Januar 1996 akzeptiert, die Ausmusterung der Waffen während der Gespräche in Angriff zu nehmen. Interessanterweise hatten sowohl wir als auch die britische Regierung unsere Position in der Frage bereits geändert, bevor die IRA ihren ersten Waffenstillstand beendete.

? Die Entwaffnung der IRA war keine Vorbedingung für Gespräche?

Einzige Bedingung für die Teilnahme von Sinn Fein war ein überzeugender, ernst gemeinter Waffenstillstand. Aber nach der Bombe in Markethill vor drei Wochen glauben wir nicht, daß das ein wirklicher Waffenstillstand ist, weil wir davon ausgehen, daß Sinn Fein an dem Anschlag beteiligt war Falls es weitere

Gewalttaten gibt, werden wir erneut den Ausschluß Sinn Feins beantragen.

? Sie wollen den »faschistischen Charakter« Sinn Feins bloßstellen. Was halten Sie an der Partei für faschistisch?

Man muß sich doch bloß die wilden Blut-und-Boden-Rhapsodien von Padraig Pearse anhören und sehen, wie Sinn Fein als Organisation Anfang des Jahrhunderts entstanden ist. Sie wollen den Leuten etwas aufzwingen, was die nicht wollen. Es ist doch offensichtlich, daß die Nordiren nicht aus dem Vereinigten Königreich ausgeschlossen werden wollen, um sich dann in einem gälischen, katholischen, irischen Staat wiederzufinden. Aber Sinn Fein will das gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzen. Außerdem sind sie autoritär und antidemokratisch.

? Padraig Pearse lebt schon lange nicht mehr, er wurde als einer der Führer des Osteraufstands 1916 hingerichtet!

Aber der irische Republikanismus hat sich seitdem nicht entwickelt. Im Rest Westeuropas spielt der altmodische, territoriale Nationalismus keine Rolle mehr, Sinn Fein ist immer noch darin gefangen.

? Ist die Idee, daß Nordirland Teil des britischen Königreichs sein muß, weil Nordiren eine britische Identität haben und deshalb auch das Recht, auf britischem Territorium zu leben, nicht ähnlich »territorial nationalistisch«?

Die Briten Nordirlands waren immer Teil des Vereinigten Königreichs. Wenn ich von altmodischem Nationalismus rede, meine ich die Überzeugung, daß man Ansprüche auf ein Gebiet erhebt und sie durchzusetzen trachtet, ohne auf die Ansichten der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen. Das gibt es nirgends sonst in Europa, alle Länder außer der Republik Irland akzeptieren bestehende Grenzen.

? Ihnen würde DoppelrrioraTvorgeworfen, weil Sie gemeinsam mit Vertretern der loyalistischen Paramilitärs zu den Gesprächen erschienen sind, aber weiter ablehnen, mit Sinn Fein zu reden.

Das ist überhaupt kein Widerspruch. Die loyalistischen Paramilitärs haben vor drei Jahren einen Waffenstillstand erklärt und ihn auch gehalten. Sie haben sich damals sogar für ihre Gewalttaten entschuldigt. Das hat Sinn Fein nie getan.

? Berichtet wurde, daß die Delegierten von Sinn Fein ständig versuchen, Sie in Gespräche zu verwickeln. Stimmt das?

Nein. Es gab eine Episode, da hat Martin McGuinness, der berüchtigte Anführer der IRA, Ken Maginnis von meiner Partei angesprochen. Kens Antwort war sehr kurz, aber leider nicht druckreif.

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