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H Gewerkschaft steht zur Allianz

COSATU-Nationalkongreß kritisiert Wirtschaftspolitik Von Hanna Ndlovu, Johannesburg

  • Lesedauer: 3 Min.

Südafrikas mächtiger Gewerkschaftsverband COSATU hat sich auf seinem 6. Nationalkongreß besorgt über die Wirtschaftspolitik des Landes geäußert. Dennoch steht er zur Allianz mit dem ANC und wird mit ihm auch 1999 ein Wahlbündnis eingehen.

Die über 1000 Delegierten, die 1,8 Millionen Mitglieder vertraten, debattierten ausgiebig die Rolle der Gewerkschaften als Motor der sozialen Transformation im neuen Südafrika. Ausgangspunkt bildete ein Dokument zu Wirtschaftsfragen, das von einer Kommission unter Leitung des stellvertretenden COSATU-Präsidenten Connie September ausgearbeitet wurde. In dem Papier wird scharf gegen die neue »Wachstums-, Arbeitsmarkt- und Umverteilungsstrategie« (GEAR) der Regierung Mandela polemisiert, mit der das bisherige Rekonstruktions- und Entwicklungsprogramm (RDP) quasi ad acta gelegt worden ist. »Wir weisen das Monster GEAR entschieden zurück«, rief der wiedergewählte COSATU-Präsident John Gomomo unter starkem Beifall der Delegierten. Nicht GEAR, sondern Umvertei-

lung des Reichtums in Südafrika sei der Weg in die Zukunft.

Mit GEAR will die südafrikanische Regierung - ähnlich wie stark verschuldete Dritte-Welt-Länder mit sogenannten Strukturanpassungsprogrammen - den Staatshaushalt in den Griff bekommen. Das Defizit von 5,1 Prozent soll bis zum Jahre 2000 auf drei Prozent zurückgeführt werden. Die Regierung hält sich zugute, daß sie mit GEAR den Verfall der Landeswährung Rand (im Vorjahr bis zu 20 Prozent) gestoppt hat und das »Vertrauen der Investoren« wieder herstellte. Tatsächlich hat das immer noch relativ geringe Wirtschaftswachstum von zwei Prozent zwar für die Unternehmen Modernisierung gebracht und auch Investoren angelockt, die Arbeitslosigkeit aber um ein Prozent anwachsen lassen. Die Erwerbslosenrate liegt bei 30 Prozent (zwischen 50 und 80 Prozent bei der schwarzen Bevölkerung).

Der COSATU-Kongreß empfahl zur Finanzierung des Aufbauprogramms Steuererhöhungen für Unternehmen und Zinssenkungen bei den Banken, damit das von ihnen gehortete Kapital in die Produktionssphäre gebracht wird. Bei den vor allem auf das Ausland orientierten Wirtschaftsplanern müsse endlich ein Umdenken auf die Nachfrage aus dem Inland einsetzen, die bei einer so hohen Arbeitslosigkeit natürlich nicht vorhan-

den sein könne. Der Staat, so der Kongreß, dürfe sich aus der Wirtschaft nicht zurückziehen. Derzeit würde der Verwaltungsapparat mit lukrativen Abfindungsangeboten für Apartheidbeamte verkleinert, aber Neueinstellungen würden nicht vorgenommen, weil das Geld fehle. Aber der Staat müsse in eine neue Verwaltungsgeneration investieren, um die Defizite für die schwarze Bevölkerungsmehrheit abzubauen, die bisher überhaupt keinen Zugang zu staatlichen Institutionen hatte.

COSATU ist in Südafrika nicht nur eine mächtige ökonomische Kraft, sondern übt durch die Doppelmitgliedschaft seiner Anhänger im ANC und durch seine Positionen in der Regierung starken politischen Einfluß aus. Für den ANC wiederum ist die Gewerkschaft die stärkste organisatorische Kraft an der Basis. Es ist deshalb keinesfalls so, wie von Unternehmerkreisen und deren Medien behauptet wird, daß der ANC durch Loslösen vom stark linksorientierten COSATU politisch gewinnen würde.

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