nd-aktuell.de / 09.10.1997 / Politik / Seite 10

Beschäftigung obenan

Innenminister Kanther will Lohnnebenkosten senken

Schwerin (ADN). Die Sicherung der Beschäftigung muß bei den Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst nach Ansicht der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Transporte und Verkehr (ÖTV) im Mittelpunkt stehen. Dafür sei aber die »pauschale Einführung« einer 35-Stunden-Woche kein geeignetes Instrument, sagte die stellvertretende Vorsitzende des ÖTV-Bezirkes Nord, Ellen Paschke, am Mittwoch in Schwerin.

Gerade in Mecklenburg-Vorpommern sei die Arbeitszeit in den öffentlichen Verwaltungen oftmals bereits verkürzt. Daher müßten jetzt andere Instrumente wie Teilzeitarbeit oder flexiblere Arbeitszeiten eingesetzt werden. Die ÖTV-Vertreterin sprach sich zudem für die Einführung einer Altersteilzeit sowie eines »Sabbatjahres« aus.

Paschke appellierte an die Schweriner Landesregierung, von ihren Plänen für die Stellenkürzungen im Öffentlichen Dienst abzurücken. Dafür seien die Vorschläge der Gewerkschaft ein Weg. Auf diese Weise könnten vor allem mehr junge Menschen eingestellt werden. Die Forderung nach einem »Ende der Beschei-

denheit« der Arbeitnehmervertretungen hält die ÖTV-Sprecherin grundsätzlich für richtig. Wenn die Arbeitgeber verbindliche Regelungen für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen zusagten, werde sich auch die Gewerkschaft bewegen. Zum »Nulltarif« sei das aber nicht zu haben.

Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) hat die Senkung der Lohnnebenkosten im Öffentlichen Dienst gefordert. Die öffentlichen Arbeitgeber könnten keine zusätzliche Belastung der öffentlichen Kassen durch Personalkosten zugestehen, sagte Kanther am selben Tag. Die öffentlichen Kassen seien so »angestrengt« und die Personalkosten so hoch, »daß da nichts zusätzlich draufgeht«. Die Forderung nach einem »Ende der Bescheidenheit« bei Löhnen und Gehältern sei eine für die deutsche Volkswirtschaft »tödliche Phrase« des SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine, betonte der Minister. Die Binnennachfrage könne nicht mit den schon gescheiterten Rezepten aus der »Mottenkiste von vorgestern« angekurbelt werden.