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  • Politik
  • Tango Lesson von Sally Potter

Lektionen in Lebenskunde

  • Caroline M. Bück
  • Lesedauer: 2 Min.

Filmemacherin Sally (Sally Potter), sehr britisch, sitzt an einem Drehbuch, für das ihr die Begeisterung zunehmend abhanden kommt: knallige Farben, starke Bilder, eine abstruse Story, wenig Freude. Zu allem Überfluß bricht ihre Londoner Wohnung langsam unter ihr zusammen. In Paris sieht sie eine Vorstellung von Pablo (Pablo Veron), einem der bekanntesten unter den in Europa auftretenden argentinischen Tangoprofis.

Sie beginnt, Stunden bei ihm zu nehmen, fährt zur Überbrückung der Wohnungsrenovierung nach Buenos Aires zum Vertiefen der neuen Liebe zum Tan-

go und bindet sich über Tanz und Musik auch emotional an ihren Lehrer. Man entdeckt gemeinsame jüdische Wurzeln und die Klezmer-Musik, die an wichtigen Angelpunkten der Beziehung zwischen Sally und Pablo ins Spiel kommt, mischt sich wunderbar mit dem alles beherrschenden Tango.

Als Pablos Tanzpartnerin abspringt, bittet er Sally zu sich auf die Bühne, und der Machtkampf beginnt. Sie, ganz die emanzipierte Europäerin, kann sich nicht führen lassen, er, ganz südamerikanischer Macho, erträgt die autoritätsgewohnte Filmemacherin nicht als Partnerin. Beide lernen sich in Anpassung üben: Sally beschließt, einen Film über den Tango zu drehen, in dem Pablo die Hauptrolle spielen wird, wenn er sich diesmal

ihrer Führung anvertraut. Er ist verunsichert: müßte er nicht anfangen, Schauspielunterricht zu nehmen, weiß sie überhaupt, wie sie den geplanten Film finanzieren soll? Nein und nein sind die Antworten, aber das ist jetzt ihre Sache.

Zwölf Lektionen umfaßt der Film, mal mehr mit Tango, mal eher mit dem Leben und dem Partnerschaftlichen als Lernziel. Nachdem das grell-bunt imaginierte Skript der Anfangssequenzen nach einer entscheidenden Begegnung mit amerikanischen Produktionsmethoden zu den Akten gelegt ist, geht der Film in sattes Schwarzweiß über, getragen vom Tango und dem Flair der Drehorte. Der Tanzprofi und die ausgebildete Tänzerin und routinierte Filmemacherin, beide erstmalig vor der Kamera, ergänzen sich zu einem schwierigen, aber dynamischen Paar, auch eine Musicalnummer auf den Quais von Paris fehlt hier ebensowenig wie beim letzten Woody Allen. Ein gewisser Narzißmus ist nicht zu leugnen, das tut dem Film aber nur bedingt Abbruch.

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