Uni-Kurse als Handelsware?

  • Christel Faber
  • Lesedauer: ca. 1.5 Min.
Die Fürsprecher von Liberalisierung und Wettbewerb wiederholen stets, dass öffentliche Bildung weder von der aktuell umstrittenen EU-Dienstleistungsrichtlinie noch vom GATS (Allgemeines Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen) der WTO betroffen seien. Warum finden Forderungen nach einer pauschalen Herausnahme von Bildung aus diesen Regelwerken dann kein Gehör? Zwar gilt für das GATS auf EU-Ebene bis jetzt die Ausnahme: Bildung darf reguliert und subventioniert werden, auch wenn dies ein »Handelshemmnis« für ausländische Anbieter ist. Bisher entscheiden Bund, Länder und Gemeinden über Qualität und Inhalt von Bildungsangeboten in Universitäten, Weiterbildungseinrichtungen, Schulen oder Kindergärten und kontrollieren dies auch. Das könnte sich in Zukunft ändern, denn unter die Richtlinie fallen alle Dienstleistungen, für die gezahlt werden muss. Dies gilt bei uns jetzt schon für Kindergärten und Weiterbildung und - nach der Einführung von Studiengebühren - auch für die Unis. Ob die Richtlinie Anwendung findet, entscheidet allein der Europäische Gerichtshof (EuGH). Er definiert, ob ein Bildungsangebot als Dienstleistung von »allgemeinem Interesse« oder von »allgemeinem wirtschaftlichem Interesse« anzusehen ist. So hat der Europäische Gerichtshof in einem Fall entschieden, dass ein Unternehmen, das Universitätskurse anbietet, eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und unter den Richtlinienvorschlag fallen würde. Nach Maßgabe der Richtlinie könnten zum Beispiel solche Uni-Kurse an »ausgeflaggte« Billig-Anbieter vergeben werden. Nach dem »Herkunftslandprinzip« wären dann auch ausländische Stellen für die Kontrolle verantwortlich. Wollen wir es wirklich dem Europäischen Gerichtshof überlassen, derart weit reichende Entscheidungen über das Bildungssystem zu fällen? Doch damit nicht genug: Sowohl das GATS als auch Artikel 15 der Dienstleistungsrichtlinie schreiben regelmäßige Überprüfungen nationaler Regulierungen vor. Ziel ist der schrittweise Abbau dieser »unnötigen« Hemmnisse. Jede Liberalisierung innerhalb Europas durch die Richtlinie und potenzielle EuGH-Entscheidungen bereitet den Boden für die schrittweise Umwandlung von Bildung als Menschenrecht zu einer Handelsware im Rahmen des GATS. Diese Zusammenhänge sind zu bedenken. Gerade weil die Öffentlichkeit erst allmählich darüber informiert wird...

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