Teurer Schirm

  • Florian Zink, Brüssel
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Es ist eines der größten Waffenprojekte mit europäischer Beteiligung: Die Regierungen in Deutschland, Italien und die USA wollen ein neues Luftabwehrsystem mit dem Namen MEADS (Medium Extended Air Defense System) schaffen. Hinter MEADS verbirgt sich die Entwicklung einer bodengestützten Flugabwehrrakete, die laut Projektangaben des europäischen Rüstungskonzerns EADS (mit dem Großaktionär DaimlerChrysler) neben der Bekämpfung von Hubschraubern, Flugzeugen und Marschflugkörpern auch gegen taktische ballistische Raketen mit einer Reichweite von 1000 Kilometern eingesetzt werden kann. MEADS soll in zehn Jahren die bisherigen »Patriot«-Raketen zur Abwehr von Angriffen aus der Luft ablösen, die als veraltet gelten. Finanziell davon profitieren würde vor allem die US-amerikanische Rüstungsindustrie. Doch in Deutschland wächst der Widerstand, weil sich die Kosten leicht vervielfachen könnten - bei fragwürdigem Nutzen. Während die USA und Italien eine Absichtserklärung dazu bereits unter-zeichnet haben, steht die Unterschrift der Bundesregierung noch aus, da der Bundestag die deutsche Beteiligung noch nicht genehmigt hat. Berlin hat für seine Unterschrift noch Zeit bis zum 26. März. Wegen des innenpolitischen Gegenwinds musste die Unterzeichnung des Kooperationsabkommens jüngst bei der Bush-Visite aus dem Besuchsprotokoll gestrichen werden. Um nicht ganz auf das Gastgeschenk verzichten zu müssen, griff der deutsche Verteidigungsminister in die politische Trickkiste. Am Tag der Landung des US-Präsidenten Bush in Brüssel verkündete er: »Wir haben uns politisch verpflichtet, ein Nachfolgesystem mit den Amerikanern zu entwickeln.« Struck machte deutlich, dass er an dem Projekt wie abgesprochen festhalten will. Der Minister widersprach zugleich Schätzungen, wonach die Gesamtkosten für Deutschland zwölf oder sogar 15 Milliarden Euro betragen könnten. Die Kritik an MEADS ist grundsätzlicher Natur: Wozu braucht man ein Verteidigungssystem mit 1000 Kilometern Reichweite, wenn Deutschland nur von befreundeten Staaten umgeben ist? Gleich mehrere Gutachten stellen den Nutzen des Milliardenprogramms in Frage. Ein Studie der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung kommt überdies zu dem Ergebnis, dass »die Technik in Kürze veraltet sein wird«. Auch »in strategischer Hinsicht« seien »seine Einsatzmöglichkeiten äußerst begrenzt«. Auch die grüne Europaparlamentarierin Angelika Beer kritisiert das Projekt und ist der Meinung: »Der Sinn und Zweck der neu geschaffenen Europäischen Verteidigungsagentur, nationale Alleingänge bei Rüstungsprojekten zu verhindern, wird durch MEADS auf den Kopf gestellt. Europäische Rüstungspolitik muss sich an den Sicherheitsinteressen Europas orientieren und darf nicht industriepolitischen Motiven folgen oder als Freundschaftsdienst gegenüber den USA missverstanden werden.« Ihr Abgeordnetenkollege Tobias Pflüger von der Europäischen Linken ist da in seiner Kritik viel grundsätzlicher: »Weder Italien noch Deutschland brauchen ein Raketenabwehrsystem, die EU schon gar nicht. Aber sie brauchen auch nicht, so wie Beer und die Grünen es wollen, gemeinsame EU-Aufrüstu...

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